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24. November 2010
“4 Top-Experten: Eine reine Erfindung”

Matthias Hamann (42), war zwischen 12. Juni 2009 und 3. Februar 2010 Trainer beim LASK. Nach einer schwierigen Vorsaison (9 Niederlagen en suite), schaffte es der LASK unter Hamann wieder sportlich positive Geschichte zu schreiben. Für seit1908.at nahm sich der gebürtige Bayer Zeit und erzählte uns näheres über die damalige Arbeit beim LASK, wie er die Fanlandschaft in Linz sieht und wo seiner Meinung nach die falschen Ansätze im Verein versteckt sind.

seit1908.at: Hallo Matthias. Zuerst einmal Danke dass du dir die Zeit nimmst, für uns ein paar Fragen zu beantworten. Wie geht es dir persönlich? Hast du bereits einen neuen Verein gefunden bzw. gibt es bereits neue Aufgaben an denen du arbeitest?

Hamann: Danke für die Anfrage. Mir persönlich geht es sehr gut. Es gab in letzter Zeit einige konkrete Gespräche, jedoch gab es immer auch Gründe, dass es nicht funktioniert hat. Aber so ist unser Business. Daher hatte ich ein bisschen mehr Zeit mich dem Aufbau meiner Fußballschule (www.hamann-fussballschule.de) zu widmen, die ich zusammen mit einem Partner betreibe und ab 2011 Feriencamps für Kids ausrichte. Vielleicht kommen wir ja auch einmal nach Österreich, wäre schön.

Du warst zwischen Juni 2009 und Februar 2010, direkt nach einem sportlich tristen Jahr beim LASK, bereits Trainer Nummer 16 in der Ära Reichel. Wie hatte prinzipiell dein Grundkonzept für einen sportlichen Aufwärtstrend beim LASK ausgesehen?

Prinzipiell hatten wir kurz- und mittelfristige Ziele vereinbart. Nach diesem angesprochenen turbulenten Jahr waren dies folgende kurzfristige Ziele. Die Grüppchenbildung in der Mannschaft aufzulösen und einen gewissen Teamgeist herzustellen, die wütende Presse zu besänftigen, der Mannschaft ein Spielkonzept zu verpassen und vor allen Dingen EUCH, die Fans mit ins Boot zu nehmen und durch einen neuen Geist in der Mannschaft zu begeistern und emotional an die Mannschaft zu binden, damit die Gugl wieder auflebte. Danach wollten wir die Mannschaft punktuell entwickeln, um das vorhandene Potential, unter die Top 4 vorzudringen, auszureizen. Dies sollte im ersten Jahr begleitet werden vom Hauptziel nicht abzusteigen.

 

“Beim LASK gilt: Marketing-Interessen vor Sport-Interessen. Ein Irrsinn in meinen Augen”Matthias Hamann

Nun vermittelt unser Präsident nicht gerade das Image eines Team-Players. In wieweit wurdest du in der Gestaltung des Kaders, bzw. zur Schaffung der Rahmenbedingungen eingeweiht und durftest auch selbst Entscheidungen treffen?

Der Kader stand ja schon fest als ich kam, so dass es keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten gab. Allerdings erachtete ich den Kader als stark genug, um die Liga zu halten, jedoch hatten wir vereinbart, dass man im Winter oder im Sommer 2010 dann nachjustieren könnte. Entscheidungen mussten immer abgesegnet werden, da es zu keiner Zeit eine Budgetverteilung gab, so dass man eigenverantwortlich seine Ideen umsetzen konnte.

Bei unseren Nachbarn aus Ried scheint es einen guten Konsens zwischen A-Mannschaft, Amateuren und der Jugendabteilung zu geben. Beim LASK hat man da als Fan eher nicht den Eindruck. Einerseits scheint die Kompetenzverteilung unklar und niemand dafür verantwortlich, andererseits wurde gerade dies als Kündigungsgrund betreffend deine Person genannt. Wie hast du die Arbeit in diesem Bereich empfunden?

Nach einer gewissen Anlaufzeit, die aber der Masse an Problemen geschuldet ist, die ich vorfand, hatte ich eine sehr enge und fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Akademieleiter Willi Schuldes, der übrigens ein sehr fähiger Mann ist. Dieser Weg der Jugendförderung, um über diesen Bereich Werte für den LASK zu schaffen, war ein integraler Bestandteil meiner langfristigen Konzeption. Diese sah auch vor, und ich habe dies mehrmals intern vorgeschlagen, dass man die Akademie wieder zum LASK zurückholen sollte, um die Ausbildung der Talente optimal für den LASK zu gestalten. Man hätte eine durchgehende Ausbildungslinie von unten bis ganz nach oben geschaffen.

Nach deiner Entlassung sprach Reichel von einer “Liste an Dingen die nicht gepasst haben” bzw. du hättest deine “dritte Chance” nicht genützt? Obwohl es sportlich vielleicht nicht optimal verlief, hatte man jedoch schon den Eindruck, dass man endlich ein sportliches Konzept verfolgen würde. Was hat Herrn Reichel, deiner Meinung nach, zu deiner Kündigung bewegt?

Meiner Meinung nach waren 2 Dinge hauptverantwortlich für die Kündigung. Erstens wollte ich den sportlichen Bereich noch gezielter auf Erfolg ausrichten und dies hätte bedeutet, dass man gewisse Bereiche und Prozesse anders gestaltet und da fürchtete der Präsident an Einfluss und Kontrolle zu verlieren. Als Beispiel sei hier die Transferpolitik genannt.
Dies hätte zweitens zur Folge gehabt, dass der gesamte Marketingbereich dem Bereich Sport zugearbeitet hätte, wie es in einem auf Erfolg ausgerichteten Verein normal ist. Und dies widerspricht einer jahrelangen Tradition beim LASK, der eben Marketing gesteuert ist. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass ich eine schriftliche Mahnung erhielt, da ich in einer englischen Woche nicht die gesamte Mannschaft zur Fan-Shop Eröffnung nach Wels geschickt habe, obwohl dies mit den Marketingverantwortlichen Oberndorfer und S. Reichel abgesprochen war. Explizit wurde dort erwähnt, dass ich doch bitte in Zukunft beachten solle, dass beim LASK Marketing-Interessen vor Sport-Interessen gehen. Ein Irrsinn in meinen Augen.

Reichels sportliche Richtung entscheiden scheinbar 4 TOP-EXPERTEN mit. Dies wurde ebenso einher mit deiner Kündigung bekannt. Durftest du diese Herren jemals treffen, bzw. hast du das Gefühl, dass diese Experten auch tatsächlich welche sind und welche Ziele sie verfolgen?

Die sind eine reine Erfindung und dienen ihm als Alibi. Denn eines dürft ihr mir bitte glauben, nämlich dass es diese 4 Top-Experten nicht gibt und zwar aus dem einfachen Grund, weil der Präsident absolut beratungsresistent ist. Allerdings hat er, gerade von Spielervermittlerseite gewisse Einflüsterer, die ihm Tipps geben. Gerade die fürchteten um ihre jahrelangen Geschäfte, falls ich jetzt die Transferpolitik entscheidend mitbestimmt würde.

“Es wäre spannend als Sportdirektor einen so geilen Klub wie den LASK auf Vordermann zu bringen”Matthias Hamann

Wir Fans sehen schweren Zeiten entgegen. Für uns steht die Meinung, dass Herr Reichel kein deutliches Konzept (in welche Richtung auch immer) verfolgt und somit keine kontinuierliche Arbeit abliefern kann. Auch bei Personalentscheidungen (Handschlagverträge, unbegründete Kündigungen von verdienten LASK-Mitarbeitern, damals die fehlende medizinische Betreuung) sowie beim Umgang mit den Fans und Freunden des LASK wirkt die “Firma” unprofessionell. Wie sind da deine Erfahrungswerte?

Wie schon vorher teilweise beschrieben, ist der Fußball und das was am Wochenende auf der Gugl passiert, nur Mittel zum Zweck, nämlich die Marketingmaschinerie anzuwerfen, um von Fans, Firmen und Sponsoren Gelder zu generieren. Es geht beim LASK erst in zweiter Linie um den Sport. Ich denke, und habe dies unzählige Male intern geäußert, anders herum wird ein Schuh daraus. Wenn der Sport erfolgreich läuft, ist dies dein bestes Marketing und die Fans, Firmen und Sponsoren können emotional langfristig an den Verein gebunden werden.

Auch während deiner Amtszeit gab es vereinzelt Treffen zwischen der Vereinsführung und Fan-Vertretern, teilweise sogar mit Beteiligung von Präsident Reichel und/oder seiner Tochter. Wie bewertest du rückblickend die Sinnhaftigkeit dieser Zusammenkünfte, bzw. bestand deiner Meinung nach überhaupt der Wille seitens des LASK, so auf die Bedürfnisse und Wünsche der Fans einzugehen?

Das war mit Sicherheit relativ sinnlos, da es von Seiten des LASK, in persona S. Reichel und PMR, nicht ernst gemeint war Euch mitzunehmen. Für mich waren, sind und werden die Fans des LASK immer das Rückgrat des Vereins bleiben. Die Vereinsführung hat mich als Vermittler und Kommunikator da vor den Karren gespannt, um öffentlich einen gewissen Effekt, nämlich Ruhe an dieser Front, zu erzielen.

Der LASK ist in Oberösterreich ein sehr emotionales Thema. Wie hast du generell die Fanlandschaft des LASK in Erinnerung? Kannst du basierend auf deine persönlichen Kontakte und Erfahrungen die Behauptungen seitens des Vereins nachvollziehen, wonach man es hier in erster Linie mit Störenfrieden und subversiven Elementen zu tun hätte?

Das ist mit Sicherheit nicht so, dass ihr alle Störenfriede seid. Ein Fan ist nun mal emotional und hat auch das Recht so zu reagieren, allerdings sollte es nie zu weit gehen und übers Ziel hinausschießen. Mit Sicherheit kann euch in Österreich kaum eine Fanszene das Wasser reichen.

Würden unsere Wünsche in Erfüllung gehen und es zu einem Austausch in der Vereinsführung kommen, kannst du dir eine erneute Einstellung als Trainer beim LASK vorstellen?

Das ist auch eines meiner Prinzipien, dass man nicht ein zweites Mal in gleicher Funktion zu einem Verein gehen sollte, weder als Spieler noch als Trainer. Auch ich hole keinen Spieler, der einmal bei mir war, wieder zurück.
Jedoch wäre es spannend als Sportdirektor so einen geilen Verein wie den LASK auf Vordermann zu bringen.
Der LASK ist für mich ein Meisterschaftskandidat, falls strukturell und konzeptionell auf sportlichen Erfolg ausgerichtet gearbeitet wird.

In diesem Sinne LASK FOREVER
Euer Matthias Hamann

Seit1908
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