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7. October 2014
Blick ins Regelbuch: Spielunterbrechung bei Verletzungen.

Manche Sachen wiederholen sich in letzter Zeit mit absoluter Regelmäßigkeit. Dass sind glücklicherweise Siege des LASK, und leider Gottes auch die Tatsache, dass wir nach jedem Spiel intensive Diskussionen über Entscheidungen der Unparteiischen führen (müssen). So auch dieses Mal, wo die Freude über den 3:1-Sieg über die Lustenauer Austria von der Diskussion über mangelndes Fair-Play beim Führungstreffer der Gäste und auch der Frage, ob der Schiedsrichter dabei das Spiel hätte unterbrechen müssen, begleitet wird. Für mich ein klarer Auftrag, dass ich mein Regelbuch wieder aus dem Bücherregal hole und darin blättere.

Doch bevor ich nach der passenden Stelle suche, will ich die Situation noch einmal versinnbildlichen. Daniel Sobkova ist am (aus seiner Sicht) linken Flügel am Ball und schlägt von der Toroutlinie eine Flanke in den Strafraum. Mario Hieblinger und Thiago Silva steigen an der Fünfer-Linie zum Kopfballduell hoch, welches Ersterer gewinnt und den Ball auf den rechten Flügel befördert. Dort wartet bereits Jailson und kommt in Ballbesitz. Hieblinger und Thiago sind bei diesem Duell aber mit den Köpfen zusammengestoßen und bleiben am Boden liegen. Jailson spielt den Ball aber nicht ins Out, sondern zurück zu Bolter, der in die Mitte flankt, von wo aus Schreter den Ball relativ freistehend ins Tor beförderte. Ob Jailson aus Fair-Play Gründen den Ball ins Out befördern hätte sollen, soll jeder für sich beurteilen. Letztendlich hat er aber keine Verpflichtung dazu. Widmen wir uns daher dem Regelwerk.

Man kann bei dieser Situation weder eine Abseitsstellung noch ein Foulspiel erkennen. Damit lassen wir in der heutigen Auseinandersetzung die Regeln 11 (Abseits) 12 (Fouls und unsportliches Betragen) außen vor. Wir widmen uns also nur der Frage, ob das Spiel aufgrund der am Boden liegenden Spieler unterbrochen werden hätte müssen. Die Antwort auf diese Frage findet man auf Seite 24 des Regelbuches. Unter Regel 5 (Schiedsrichter) werden hier auch die Rechte und Pflichten des Schiedsrichters beschrieben. Bezüglich einer Unterbrechung bei Verletzungen findet sich dazu folgendes:

„Der Schiedsrichter hat die Partie zu unterbrechen, wenn er einen Spieler für ernsthaft verletzt hält, und zu veranlassen, dass dieser vom Spielfeld gebracht wird. Ein verletzter Spieler darf erst wieder auf das Spielfeld zurückkehren, wenn die Partie wieder aufgenommen wurde.“

und

„Der Schiedsrichter hat die Partie weiterlaufen zu lassen, bis der Ball aus dem Spiel ist, wenn er überzeugt ist, dass ein Spieler nur leicht verletzt ist.“

Es obliegt also der Einschätzung des Schiedsrichters ob die Verletzung der beiden Spieler derartig ausgeprägt ist, dass es eine unmittelbare Spielunterbrechung notwendig ist, oder ob man mit einer eventuellen Behandlung bis zur nächsten Spielunterbrechung warten kann. Nirgendwo im Regelwerk ist definiert was eine ernsthafte und was eine leichte Verletzung darstellt. Es findet sich lediglich auf Seite 74 des Regelwerkes der Hinweis, dass eine verschluckte Zunge, eine Gehirnerschütterung und ein Beinbruch sehr schwere Verletzungen seien, bei denen der übliche Ablauf eines Umganges mit Verletzungen (keine Behandlung am Feld, Spieler muss Feld dazu verlassen etc.) keine Gültigkeit besitzt. Eine Definition von „ernsthaft“ liegt aber nicht vor. Somit obliegt es einzig und allein der Meinung des Schiedsrichters, ob er unterbrechen soll oder das Spiel weiterlaufen lässt. Wie immer er sich auch entscheidet – er liegt regeltechnisch richtig.

Also können wir hier schon mal festhalten, dass sich der Schiedsrichter hier dem Regelwerk entsprechend richtig verhalten hat, da seiner Meinung die Verletzungen von Hieblinger und Thiago nicht ernsthaft genug waren, dass eine unmittelbare Behandlung notwendig ist. Der Umstand, dass beide Spieler nach dem Treffer keine Behandlung in Anspruch genommen haben und weiter gespielt haben, sind nicht unwesentliche Indizien dafür, dass Schiedsrichter Katona mit seiner Einschätzung richtig gelegen ist.

Versetzt man sich in die Lage des Schiedsrichters, ist es auch nachzuvollziehen, dass er das Spiel weiterlaufen ließ. Es handelte sich um eine Strafraumaktion und der Angriff war noch im Gange, als die beiden Spieler am Boden lagen. Der Ball war die ganze Zeit so situiert, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Torchance relativ groß war. Letztendlich war es ja auch so, dass der Ball wenige Sekunden später im Netz zappelte. Hätte der Schiedsrichter das Spiel unterbrochen, hätte er somit auch der Gastmannschaft eine aussichtsreiche Spielsituation genommen. Nach der Unterbrechung hätte Katona sich bei Thiago und Hieblinger erkundigen müssen, ob sie eine Behandlung wünschen. Hätte einer der beiden (oder beide) dies bejaht, so wäre diese zu gewähren gewesen und der (die) Spieler hätte(n) danach das Spielfeld verlassen müssen. Hätten dies aber beide verneint (um am Spielfeld bleiben zu können), hätte der Schiedsrichter ein Problem gehabt, da er einen Angriff ungerechtfertigt unterbrochen hätte. Zwar wäre auch diese Entscheidung regeltechnisch gedeckt gewesen, allerdings hätte dies für den 30-jährigen Niederösterreicher einen Abzug in seiner Note mitgebracht.

Mit der Entscheidung auf Weiterspielen war er aber auf der sicheren Seite. Wäre die Aktion im Mittelfeld passiert, oder nach Hieblingers Kopfball ein LASK-Spieler in Ballbesitz gewesen, so würde eine andere Ausgangssituation vorliegen. Der Schiedsrichterh hätte das Spiel auch sicher unterbrochen sobald ein LASK-Spieler den Ball weg geschlagen hätte. Eine aussichtsreiche Torchance wird aber kaum ein Schiedsrichter unterbinden, wenn er sich nicht 100% sicher ist, dass dies notwendig ist. Das Risiko eines unnötigen Punkteabzuges geht auch ein routinierter Schiedsrichter nicht ein, ein Liga-Neuling bei seinem 4. Einsatz erst Recht nicht – der braucht die guten Noten um zu überleben. Ob solche Regelungen sinnvoll sind, sei dahingestellt. Letztendlich denken aber auch Schiedsrichter in erster Linie an ihre Note, so wie Spieler in erster Linie ergebnisorientiert agieren.

Somit kann ich abschließend festhalten, dass Katona mit seiner Entscheidung auf Weiterspielen im Rahmen des Regelwerks lag, die Entscheidung auch aus taktischen Gründen nachvollziehbar ist und er auch dadurch bestätigt wurde, dass bei den beiden Spielern keine ernsthafte Verletzung vorlag.

Baba und schöne Länderspielpause wünscht Euch,

Eure Didem

Didem Bilgin
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