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12. November 2011
“Du musst ein Volltrottel sein”

Die Rolle des Vorsängers ist in einem Fanblock wohl die wichtigste für eine gute Stimmung. Im LASK-Fanblock füllte ein gewisser Peter (im Volksjargon auch “Peda”), diese über Jahre hinweg aus. Mit seit1908.at sprach er über seine Beginne im Fanblock, die Entwicklung des LASK-Blocks, sowie seine Meinung zu Präsident Peter-Michael Reichel.

seit1908.at: Viele Fans im LASK-Fansektor kennen dich schon seit Anbeginn ihrer eigenen “Fankarriere”. Wann hast du selbst mit dem Stadiongehen begonnen und wie kam es dazu, dass du ein Schwarz-Weißer wurdest?

Peter: Zum ersten Mal im Stadion war ich 1986. Meine erste Auswärtsfahrt machte ich 1992. Mein damaliger Freundeskreis aus der Schule war am Wochenende immer im Stadion. Damals war der Eintritt für Kinder unter 15 Jahren noch frei. Es war aber eigentlich Zufall, dass wir immer zum LASK gegangen sind. Wer weiß, wo ich heute wäre, wenn mein Freundeskreis damals lieber zum SK Voest gegangen wäre. Ich hatte eben damals auch noch nicht so den Bezug zu dem Ganzen.

Und du warst von Anfang an im Fanblock zu finden?

Nein. In der Aufstiegssaison 93/94 habe ich mich zum ersten Mal getraut, überhaupt in der Nähe des Fanblocks zu stehen. Also nicht so wie es heute bei Einigen üblich ist – man geht ins Stadion, ab in den Fanblock und gleich rauf auf’s Stangl (Anm. d. Red.: hochgeklappter Eisensitz, Oberkante wird von den Fans zB. in den Pausen zum Sitzen verwendet), sondern wirklich nur in die Nähe des Fanblocks. Vom Nebenblock also habe ich mir dann zirka eine Saison lang mal die Fangesänge genauer angehört, um sie dann richtig mitschreien zu können. Später bin ich dann immer schon 2 Stunden vor Spielbeginn im Stadion gewesen. Ich dachte mir: Jemanden, der schon vor allen anderen im Fanblock steht, werden sie wohl nicht vertreiben.

Und wie kams dann dazu, dass du als Vorsänger tätig wurdest?

Zwei Leute im Fanblock hatten immer eine große Trommel mit. Das hat mir so gefallen, dass ich mir zu Weihnachten eben eine Trommel gewünscht habe. Ich habe dann Gerald Gross (Gründer des LASK-Fanclubs Viking Linz) gefragt, ob ich mich mit meiner Trommel zu ihnen dazu stellen darf. So hat eigentlich alles begonnen. Später haben wir Trommler unseren Standort von oberhalb des Sektors in die unteren Ränge des Fanblocks gewechselt. Die Gründe dafür waren a) dass keiner mehr ungeachtet Bierbecher und Zigarettenstummel von oben auf die Leute werfen kann und b) dass wir die Fanlieder direkt in den Sektor hinein anstimmen können. Damals gingen die Fangesänge meist von den Trommlern aus, aber auch einzelne Fans haben immer wieder Lieder angestimmt. Bis wir gemerkt haben, dass es wenig Sinn macht, wenn alle immer durcheinander schreien. So habe ich einfach damit begonnen den Leuten vorzumachen, was als Nächstes gesungen wird. Die Stimme dazu habe ich immer schon gehabt. Irgendwann kam aber dann die Idee mit dem Megaphon, welche am Anfang irsinnig schlecht angekommen ist.

Warum?

Das ist ja wie bei Rapid – wir sind der LASK und brauchen so etwas nicht” – waren die ersten Reaktionen. Wir haben zum Ankauf des Megaphons eine Spendenkasse im Sektor durchgehen lassen und es kam genügend Geld zusammen. Das Megaphon wurde schließlich gut aufgenommen. Um mehr Leute zu erreichen, habe ich mich damit auf die Sessel gestellt, später bin ich damit immer auf den damals noch hohen Zaun vorm Sektor geklettert. Diese Variante hat über Jahre gut funktioniert. Mit dem letzten Aufstieg des LASK haben wir die Idee mit der Sprechanlage realisiert, um einfach auch die Sektoren links und rechts vom Fanblock zum Mitmachen animieren zu können.

Muß man als Vorsänger besondere Fähigkeiten, oder eine gewisse Charaktereigenschaft besitzen?

Die Akzeptanz im Fanblock ist natürlich wichtig. Sagen wir mal so – man sollte schon öfters im Block gesehen worden sein. Nach meinem fünften Stadionbesuch, weil´s so cool ist und die Lieder kenn ich sowieso auswendig aus dem Internet – so funktionierts nicht. Da wirst du nur belächelt und mitschreien wird auch keiner. Bei mir hat sich das über Jahre entwickelt. Ich war im Endeffekt der Vorreiter von dem in Linz. Die Akzeptanz war dar, die Leute haben das gut gefunden und ich habe das regelmäßig gemacht. Dazu sagen muss man aber aufjedenfall: Als Vorsänger musst du ein Volltrottel sein. Ich zahle Eintritt wie jeder andere auch, mach mich vor allen anderen zum “Kasperl”, um die Leute positiv animiern zu können, man hat aber überhaupt nichts vom Spiel. Kritik und Beschimpfungen muss man sich dazu auch noch gefallen lassen.

In welche Richtung schlagen die?

Viele glauben einfach, man macht das nur, um im Mittelpunkt zu stehen oder weil man von sich denkt, man sei etwas Besonderes. Man braucht definitiv ein gutes Selbstbewusstsein. Jeder der schon einmal ein Referat in der Schule gehalten hat, weiß wie das ist, wenn man vor mehreren Menschen reden muss. Noch viel schlimmer ist es da, die Leute im Fanblock dazu zu bringen alles nachzumachen, was du ihnen vorgibst. Ich denke, entweder man kann das oder man kann es nicht. Soetwas kann man nicht lernen. Das muss einfach in einem drinnen sein. Hab ich Berührungsängste oder nicht!?

Deine Person steht bei den Fans generell gerne in Diskussion. Banal gesagt: Die einen lieben, die anderen hassen dich. Machst du das an deiner Person fest, oder ist das generell der Nachgeschmack am Vorsängersein?

interview3Es gibt sicher Neider. Weil eben einige glauben, ich sei ein Selbstdarsteller. Das höre ich auch immer wieder. Ich glaube, dass ich alleine von meinem Umfeld sowie von meiner beruflichen Laufbahn her es nicht notwendig habe, mich stets in den Mittelpunkt zu drängen. Vielmehr ist es mir ein Anliegen, die Leute für eine gute Stimmung zu animieren, als wie Fußball zu sehen. Natürlich freue ich mich, wenn der LASK gewinnt, aber noch mehr freut es mich, wenn wir im Fanblock eine weltklasse Stimmung haben und noch Tage später darüber geredet wird, wie super es beim letzten Match war. Wie zum Beispiel beim ersten Stadtderby in dieser Saison. Ich muss ehrlich sagen, dass ich schon lange nicht mehr so eine großartige Stimmung und so einen Zusammenhalt im Block erlebt habe, und das trotz der sportlich prekären Situation.

Glaubst du, geht es da Vorsänger bei anderen Vereinen ähnlich?

Schwer zu sagen. Die Frage ist: Macht das jemand um sich selbst zu profilieren oder mit Herz und Seele. Ich denke, dass manche durch meine Ausstrahlung am Podest zu dem Schluss kommen, ich möchte mich ja nur selbst präsentieren. Wie schon erwähnt – ich bin nicht der Typ für soetwas. Ich mache das oft, um die Leute weiter anzustacheln. Wenn ich jemanden etwas provoziere, macht der eher mit, als wenn ich jemanden nur gut zurede. Dazu sei gesagt: Ich war immer Gegner des Faustrechts. In anderen Kurven Österreichs gehört das zum guten Ton. Wenn es dort heißt “mitmachen” und du machst nicht mit, fliegst du raus. So einfach ist das. Mich hat das aber nie interessiert. Mein Plan war es immer, die Leute aus der Reserve zu kitzeln, dass die aus Freude mitmachen und nicht in mir ein Feindbild sehen. Ich maße es mir auch nicht an jemanden persönlich zu beleidigen, sondern ich versuche mit diversen Meldungen und Schmähs die Fans beim Ehrgeiz zu packen, auch wenn das der eine oder andere manchmal persönlich nimmt.

Kannst du da ein Beispiel nennen?

500 Leute stehen vor mir und 20 davon machen nicht mit. Dann frage ich sie halt direkt mit Fingerzeig, ob sie wissen wo sie sich befinden und wenn sie nicht mitmachen möchten, bitte einen anderen Sektor aufsuchen sollen. Das sind hauptsächlich Menschen, die man zuvor noch nie im Stadion gesehen hat und weil es ja so lässig ist, gleich in den Fanblock maschieren. Dass sie damit aber dem Gefüge nichts Gutes tun und eventuell damit sogar eine Kettenreaktion auslösen, ist ihnen nicht bewusst. Witzigerweise sind das aber auch jene, die beim Torjubel am lautesten sind oder nach einem Sieg, wenn die Mannschaft zum Sektor kommt, die Hände am höchsten in die Luft strecken. Diese Leute versuche ich eben bei der Ehre zu packen. Ich habe aber auch dabei nie jemanden persönlich angegriffen. Wenn ich jemandem etwas persönlich sagen wollte, bin ich zu ihm hingegangen. Darum stört es mich auch, dass Kritik an meiner Person nie im persönlichen Kontakt stattgefunden hat. Hintenrum zerreißen sie sich über mich, aber nie hat es mir jemand ins Gesicht gesagt. In der Funktion als Vorsänger kannst du es einfach nicht jedem Recht machen. Ich verteile keine Wunschzettel was als nächstes Gesungen wird, sondern ziehe eine Linie durch. Für den Einen ist das gut, für den Anderen wiederum schlecht.

Du bist seit 25 Jahren LASK-Fan und hast dabei schon viele Höhen und Tiefen mitgemacht. Was würdest du als schönsten, was als schlimmsten Moment in dieser Zeit aus Fansicht beschreiben?

Einer der schönsten Momente war das Auswärtsspiel in Salzburg im Aufstiegsjahr 2007, wo wir mit 2.500 Linzern angereist sind. Zu der Zeit hat es bei den Auswärtsspielen nie Ausreißer gegeben die nicht mitmachen wollten. Dort haben wir von Anfang bis Ende Vollgas gegeben. Ein weltklasse Spiel war das von uns Fans. Natürlich ebenso grandios, wie vorher schon erwähnt, war das erste Stadtderby dieser Saison. Viele Leute sind auch noch Tage später zu mir gekommen und haben mir erzählt, dass dies die beste Stimmung im Sektor war, seitdem sie LASK-Fan sind. Es war einfach grandios. Komischerweise hat es da auch keine Kritik an meiner Person gegeben, obwohl ich alles so gemacht habe, wie ich es bisher immer getan habe. Natürlich sei auch das Pokalfinale 1997 zu den schönsten Momenten zu zählen. 30 Busse, gesponsert von Radio Oberösterreich – Karte + Bus um 95,2 Schilling (!) – auf dem Weg ins Happelstadion. Es war einfach großartig. Auch wenn wir das Finale leider im Elfmeterschießen verloren haben.

Und der schlimmste?

Eindeutig der Abstieg in die zweite Liga nach der Rieger-Ära 2001. Zuerst das verlorene Entscheidungsspiel um den Abstieg in Ried und anschließend die letzte Runde der Saison mit dem Heimspiel gegen Bregenz, wo Blau-Weiß-Fans im Auswärtssektor standen und sich darüber freuten, dass der LASK absteigt. Ich kann für niemanden so eine Abneigung empfinden, oder auch das Geld wäre es mir nicht wert, als dass ich dort hingehe um jemanden zu belächeln. Weil ich mir auch vorstelle, wie würde ich mich in dieser Situation fühlen.

Wie sehr hat sich das Fantum beim LASK in dieser Zeit verändert?

Das Alter hat sich mit den Jahren rapide nach unten korrigiert. Ich meine das gar nicht böse. Aber Leute in meinem Alter – so zirka um die 30 – sind im Fanblock bereits Rarität. Ich weiß sehrwohl, dass ab einem gewissen Alter auch andere Faktoren immer wichtiger werden. Früher war dennoch der Altersschnitt höher, als er heute ist. Etwas das mich im Laufe der Zeit immer mehr stört – worin ich den Grund in unserer Kultur sehe – ist der fehlende Respekt. Ich kann mich noch erinnern, wie ich meine erste Zeit im Fanblock verbracht habe, da waren Leute wie der Gross Gerald soetwas wie eine Erscheinung für mich. Wenn er gesagt hat, dass wird so gemacht, wurde das auch so gemacht. Aufzumucken hätte ich mich niemals getraut. Wenn ich mir das im Vergleich zu heute ansehe – wenn ich 13, 14-jährige auffordere mitzumachen – kommt ein “Hoit die Goschn” als Antwort zurück. Da Frage ich mich: Was sind das für Leute? Die Fanfamilie wächst nicht mehr zusammen, es ist nur noch ein Kommen und ein Gehen. Jeder schaut nur noch auf sich oder seine Gruppierung und spuckt dir lieber vorher ins Gesicht, als dass er mit dir etwas gemeinsam macht. Dass sich das bei uns im Block so entwickelt hat, finde ich einfach nur traurig.

Die Kommerzialisierung im Fußball ist vorallem bei Fans ein stetiges Thema. Wieviel Gewicht hat denn die Stimme der Fans in der heutigen Fußballwelt noch?

interview1Leider hat die Stimme der Fans überhaupt kein Gewicht mehr. Es ist schon so, dass Sponsoren einen Verein auch unterstützen weil ihnen das gefällt was sich im Stadion mit den Fans abspielt. Ein Herr Gasselsberger von der Oberbank zum Beispiel, war auch Gast bei uns im Fansektor. Für ihn gehört zum Fußball eben auch die Emotionen und die Fans. Soetwas bewegt halt auch einen Konzern oder Firma dazu, einen Fußballklub zu unterstützen wenn das Rundherum passt. Andererseits muss man auch ehrlich sagen: Geld schafft an. Bestes Beispiel haben wir in unserer Liga mit RedBull Salzburg. Wir als Fans haben in dieser Konstellation überhaupt nichts mehr zu melden. Der Fan soll froh sein, dass er Geld zahlen kann, damit er zusehen darf. Wenn ein Konzern mit solchen Mitteln daher kommt, dreht der das Fansein – so wie wir es kennen – schnell ab. Er nimmt dir alle Identifikationsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Tradition, den Vereinsnamen, die Farben, etc. und schon ziehen die Fans davon. Früher hat der Verein von den Fans gelebt, heute von den Sponsoren. Sollte also ein Sponsor sagen, ich gebe euch eine Million Euro, dafür spielen wir heute vor leeren Rängen – weil es mir einfach gefällt wenn keiner da ist – dann wird das auch so passieren.

Auch dem LASK-Präsidenten Reichel wäre es wohl am liebsten, in Linz laufe es ähnlich ab wie in Salzburg. Den Fans ist er seit seiner Übernahme 2000 ein Dorn im Auge. Wo liegen aus heutiger Sicht die Kernprobleme der Fans um die Vereinsführung?

Wenn ich jetzt beginne die Kernprobleme aufzuzählen sitzen wir wohl in zwei Stunden noch beisammen. Es ist einfach eine Zusammensetzung verschiedener Faktoren. Einen gravierenden Punkt möchte ich aber nennen. Wir haben schon Zeiten erlebt, wo Präsidenten bei uns im Block gestanden sind, sich vorher aber Gedanken gemacht haben wie: “Sind die Fans mit meiner Arbeit zufrieden?” und ob die Fans das überhaupt möchten. Jetzt haben wir einen Präsidenten dem wir Fans komplett egal sind. Und er ist zudem noch einer, wenn die Summe stimmt, der uns aus dem Spiel auschließen wird. Der glaubt den Fußball so vermarkten zu können wie sein Tennis. Fußball lockt aber die breite Masse an, wo du im Stadion vom Arbeiter bis zum Rechtsanwalt alles vertreten hast, die einfach ihre Emotionen dort ausleben können. Das hast du im Tennis aber nicht. Während einem Ballwechsel herrscht dort Ruhe in der Halle. Ich kenne keine Sportart außer Fußball, die so eine Breitenwirkung hat, aber zugleich auch ein Aggressionsventil ist. Ich spreche hier nicht von Rauferein oder dergleichen. Es tut zeitweise auch einfach gut gewisse Dinge hinaus zu schreien ohne dass dich dabei jemand blöd anschaut, oder man dafür gar eine Strafe befürchten muss. Solche Emotionen kannst du nur im Stadion ausleben. Ein Herr Reichel versteht das aber nicht. Er möchte, dass alles diszipliniert abläuft, so wie es in Salzburg der Fall ist. Das nimmt er sich auch so zum Vorbild. Soetwas wird es in Linz aber nie geben. Wenn man heute schaut, was bei RedBull Salzburg seit der Vertreibung der echten Fans fantechnisch entstanden ist – gar nichts! Es ist nichts!

Hat denn der Herr Reichel jemals ernsthaft versucht etwas für die Fans zu tun?

Ja – aber nur über den Mund. Gerdet hat er immer viel, passiert ist defacto aber nie was. Im Gegenteil. Mit seinen leeren Versprechungen hat er die Situation immer schlimmer gemacht.

War das unter anderen LASK-Präsidenten denn besser?

Ja. Etwas intensiver erinnere ich mich noch an die Zeit mit Präsident Rieger. Dazu gesagt sei: Wirtschaftlich war es vielleicht nicht so optimal, wie wir uns das alle vorstellen, aber er war ein Mensch – und so blöd sich meine Meinung darüber jetzt anhören mag – der für den LASK in den Häfn gegangen ist. Natürlich hatte auch er finanzielle Interessen, aber er ist das Risiko eingegangen. Ich wäre jedenfalls nicht soweit, dass ich für den LASK ins Gefängnis gehe. Wenn es ihm aufgegangen wäre, und er seine Schulden – ohne dass es jemand bemerkt – beglichen hätte, wären wir wohl Serienmeister geworden und hätten schon längst Champions Leauge gespielt. Das traue ich mir jetzt einfach mal zu behaupten.

Reichel´s Finanzpolitik beim LASK ist, ob der stets schwindenden Sponsoren, ebenso in der Kritik. Deine Einschätzung?

Herr Reichel verdient privat über seine Firma Matchmaker ebenso gutes Geld, zum Beispiel über Sponsoreneinnahmen die er beim LASK abschließt. Aber wirtschaftlich kann ich nichts Negatives über Reichel sagen. Er war der erste Präsident in Österreich der leistungsbezogene Verträge eingeführt hat. Es ist für mich die größte Sauerei, wenn Spieler mittels Vertrag nur abcashen. Wenn der zwei Jahre nur auf der Tribüne sitzt, verdient er aber weiterhin volles Gehalt. Für Reichel galt aber: wenn du oft spielst, bekommst du dein Geld. Bist du aber ständig krank oder nicht einsatzfähig, bekommst du nur so viel, damit du dir dein Jausenbrot leisten kannst. Also wirtschaftlich, macht er es meiner Meinung nach, ja nicht schlecht. Dass wir kaum noch Sponsoren haben ist aber offensichtlich. Reichel ist kein Mensch des öffentlichen Lebens. So wie er mit den Fans umgeht, so geht er auch mit den Sponsoren um. Nur, seine persönlichen Fehler trägt er auf dem Rücken der Fans aus und das finde icht einfach schlimm. Wenn irgendwo etwas Negatives in den Zeitungen über die LASK-Fans zu lesen ist, koppelt er das an die Sponsoren und sagt: “Wir haben den Sponsoren verloren, weil die LASK-Fans so böse sind“.

Der Präsident beklagt die hohe Summe an Strafgeldern, die der LASK zahlen müsse, aufgrund von Vergehen der eigenen Fans.

Natürlich gibt es Strafen bei den LASK-Fans. Wir sind ja keine Lämmer. Nur wenn ich zum Vergleich Rapid hernehme: Strafen aufgrund des Pyrotechnikgesetzes übernimmt dort der Verein! Aber freiwillig. Dort gibt es keine Regressforderung an denjenigen den sie per Videobeweis ausfinding gemacht haben.

Für etwas bezahlen zu müssen, was jemand anderer “verbrochen” hat – da muss ein gehöriges Maß an Verständnis vorhanden sein. Ein Verständnis gegenüber dem Fantum, welches Rapid-Präsident Edlinger wohl hat und LASK-Präsident Reichel eben nicht?

Herr Edlinger weis einfach was Rapid so groß gemacht hat. Das waren mit Sicherheit nicht die Meistertitel. Da braucht man nur den Vergleich mit der Austria sehen. Die haben auch viele Erfolge eingefahren, die meisten Fans in Österreich hat aber Rapid. In Hütteldorf gab es, bis zu den Vorfällen beim Wiener Derby, immer ein sehr fanfreundliches Umfeld. Die konnten in ihrer Kurve tun und lassen was sie wollten. Die Abopreise waren auch dementsprechend gestaltet. Es hat Zeiten gegeben da hat die Jahreskarte auf der West-Tribüne 69 Euro gekostet. Nicht weil Herr Edlinger oder Rapid kein Geld braucht, sondern weil sie etwas für die Fans tun wollten. In Hütteldorf sind sie ja natürlich auch etwas erfolgsverwöhnt. Was wäre, wenn bei diesem Derby, der Abstieg für Rapid besiegelt worden wäre? Was hätten sie mit den Spielern dann gemacht? Oder wenn sie in unserer Situation der letzten Saison gewesen wären? Herr Edlinger jedenfalls tut was für seine Fans und er hört auch auf sie. Er tut nicht alles was die wollen. Aber sagen wir zum Beispiel von 10 Forderungen wird eine umgesetzt. Bei Präsident Reichel gab es das aber noch nie. Im Gegenteil. Die Fans werden sogar schikaniert.

In wiefern?

Das man zum Beispiel den Ausgang am Schiedermayerweg nach dem Spiel nicht öffnet, damit man als Fan erst recht rund um das komplette Stadion laufen muss. Für die wenigen Hansln die jetzt noch überhaupt ins Stadion gehen 14 Euro für ein Zweitligaspiel zu zahlen um in einem miesen Stadion, was bei weitem mit einem Fußballstadion nichts zu tun hat, einen Schweinskick zu sehen – da müssen Leute fast 3 Stunden arbeiten um sich das leisten zu können. Man wird bei der Eingangskontrolle sekkiert, weil man über 30 Minuten anstehen muss weil wieder nur ein Eingang geöffnet wurde. Das sind lauter so kleine Dinge, wo sich unser Präsident keine Freunde macht und den Fans zeigt, dass er keinen Wert auf uns legt. Wenn er könnte würde er ohne uns spielen. Das ist so und das hat er auch nicht nur einmal genau so gesagt.

Denkst du, ist das zerissene Band zwischen Fans und Präsidenten noch irgendwie zu kitten?

interview4Es müsste, wenn, ein Mittelsmann kommen – so wie es einst Fürst Starhemberg war – der im Endeffekt die ganze schlechte Stimmung abfängt und möglichst alles wieder schönredet. Herr Starhemberg ist ein sehr guter Rethoriker. Der schafft es dir in einem 30 Minuten Gespräch einzureden, der Himmel sei Rot. Herr Reichel hat ihn sich lange Zeit zu seinen Nutzen gemacht. Nur mit jeder nahestenden Person, die sich auch in Fankreisen bewegt haben, hat es sich der Präsident verscherzt. Wenn er schon einer Frau Hameder (Fan sowie Vorstandsmitglied beim LASK) oder auch einem Herrn Starhemberg nahelegt, nicht mehr den Fanblock zu besuchen weil dies einfach nicht gewünscht wird, dann ist für mich alles gesagt. Das waren die beiden letzten Bindeglieder die ihm noch den Rücken bei den Fans frei gehalten haben. Sollte es wieder so einen Mittelsmann geben und Herr Reichel hielte sich komplett im Hintergrund, dann kann ich mir vorstellen, dass das auch funktionieren könnte. Solange er aber alleine mit seiner Tochter diese Diktatur weiterführt, wir die Lage von Monat zu Monat immer schlimmer. Am ruhigsten ist es, wenn man von Reichel nichts hört und nichts sieht.

Kommen wir nochmal auf den Fanblock zurück. Für jene die sich mit dem Fansektor bisher noch wenig, oder gar nicht auseinander gesetzt haben – wie ist die Struktur im LASK-Fanblock aufgebaut?

Die führenden Köpfe setzten sich zusammen aus Vorsänger und Trommler. Das sind diejenigen die  den Takt vorgeben und sich für die Stimmung im Block verantwortlich zeigen. Führende Köpfe im Fanblock sind sicherlich auch die Alteingesessenen, sowie die Capos der Fanclubs, oder auch ein Gross Gerald, der halt nicht mehr direkt im Sektor aktiv ist, aber im Hintergrund wichtige Arbeit verrichtet. Die Jungen sind die, die dazuströmen. Die über eine gewisse Zeit aufgebaut und in den Fanblock integriert werden sollen um eines Tages in einer Position zu sein, wo Leute in meinem Alter zirka sind. Bei uns ist das aber etwas anders. Junge hat es im Fanblock zwar immer schon gegeben, heute sieht es aber bei uns so aus, dass die Jungen sagen: “Wir machen nichts mehr mit euch, denn ihr seit eh nur alte Trottel! Was ihr da macht ist ja nicht Ultra sondern Pipifax“. Also haben sie sich ihre eigene Gruppierungen gemacht und gesagt “Was wir hier machen ist Ultrastyle“. Es ist sicher Ansichtssache was eben einem gefällt und was nicht. Aber die Aktionen der Jungen bewegen sich immer an der Grenze der Legalität. Sei es jetzt mit Pyrotechnik, Schlägerein ausserhalb des Stadions oder Alkoholexzesse bei Auswärtsfahrten mit anschließendem, massiven Polizeischutz. Das sind Dinge, die hat es früher bei uns nicht gegeben und wir hatten trotzdem eine gute Stimmung. Die Jungen sind jetzt eine Zeit lang der Linie treu geblieben, mit Gewalt alles zu lösen und gegen alles zu revoluzzen. Das Traurige ist halt, dass sie auf die Alten nicht mehr hören. Ein Älterer kann ihnen sagen, soweit könnt ihr gehn, alles andere darüber ist strafbar oder eben einfach nicht sinnvoll.

Bei dir war das in jungen Jahren anders?

Ich habe immer auf die Älteren gehört. Das ist in der Arbeitswelt, sowie im Privatleben so – ein Älterer hat einfach mehr Erfahrung. Und warum sollte einer ihnen – vor allem im Kreise der LASK-Fans – etwas Schlechtes raten? Nur wie ich vorher schon sagte – es fehlt hier einfach an Respekt. Wenn zu mir im Stadion jemand sagt: “Wer bist denn du überhaupt?“, dann weis ich erstens ganz genau, dass der noch nicht lange ins Stadion geht und zweitens, wenn er dann über die Stränge schlägt braucht er nicht im Nachhinein jammern kommen. Sie machen sich das Leben selbst nicht leichter. Denn solch eine Polizeipräsenz und so viele Polizeieinsätze hat es früher nicht gegeben. Oder warum gibt es denn immer wieder Probleme mit der Polizei? Wenn ich mich einfach zu oft über der Grenze bewege, kommt es einfach zu dem.

Wie sieht es denn dann mit der Organisation im Fanblock aus? Oder in der Zusammenarbeit bei Choreo´s, etc.?

Das ist leider ganz, ganz schlecht geworden in den letzten Jahren. Sofern ich das noch mitbekomme. Denn ich habe mich jetzt bewusst etwas zurück gezogen. Ich habe gesagt, dass ich niemandem Steine in den Weg legen möchte und jeder der glaubt er könne das besser machen, sei es jetzt als Vorsänger, aber auch organisatorisch, soll es bitte übernehmen. Und ich merke, dass es mittlerweile eine Katastrophe ist. Ich habe gehört, dass intern nicht mehr kommuniziert wird. Es herrscht soetwas wie eine Missgunst-Stimmung. Ein jeder kocht sein eigenes Süppchen, nur meiner Meinung nach braucht es unbedingt ein Miteinander um etwas Ordentliches entstehen zu lassen. Und ich weiß ehrlich gesagt nicht, wieso das bei uns einfach nicht funktioniert. Um ehrlich zu sein möchte ich es auch gar nicht wissen, denn wenn ich die ganzen Geschichten hören müsste, warum jemand nicht mehr mit dem anderen redet, zerstritten ist usw., wäre ich irsinnig traurig. Darum halte ich mich aus dem Ganzen auch extrem raus. Natürlich ist die sportliche Situation auch nicht einfach, aber das war vor wenigen Jahren bei uns auch keine Ausrede. Es fehlt bei uns das Kollektiv und das schreibe ich rein dem einzelnen Aspekt zu: dem fehlenden Respekt! Hört sich jetzt vielleich blöd an. Ich bin keiner der es braucht, dass nach einem Spiel jemand kommt, mir auf die Schulter klopft und mir sagt “Peda, du bist so super“. Aber wenn einer über 20 Jahre ins Stadion geht und sich für den Fanblock engagiert, dann kann es nicht sein, dass einer – der meint er sei etwas Besonderes – daherkommt und mir mir sagt “Wer bist denn du überhaupt?”. Ein Älterer lässt sich das eben nicht so leicht von einem Jungen sagen. Aber so ist es eben. Die Jungen wollen nicht mit den Alten und umgekehrt. Es kann aber nur Miteinander funktionieren und es hat früher auch funktioniert. Ich bilde mir auch ein – als ich noch oben am Podest gestanden bin hat es noch halbwegs funktioniert. Das tut es heute aus meiner Sicht leider nicht mehr.

Das heißt du hast deinen Platz als Vorsänger geräumt um den Jungen, die von ihnen erwünschte Chance, zu geben?

So ist es. Ich will mir nicht nachsagen lassen, ich hätte mit meiner arroganten Art  jemanden den Weg versperrt. Und ich will es auch mal dabei belassen. Damit die Jungen auch mal sehen, dass das nicht so lustig, leiwand und einfach ist was man da oben praktiziert. Man sieht ja jetzt an den letzten Spielen, dass immer jemand anderer am Podest gestanden ist. Wenn ich mit den Leuten nach dem Spiel spreche, sagen sie mir auch, dass das phänomenal war wie ich das so durchgehalten habe. Punkt zwei ist aber auch mein Alter. Ich werde halt auch nicht mehr jünger. Nach 90 Minuten vorschreien komme ich mir am nächsten Tag vor wie dreimal durch den Wurstkessel gelassen. Punkt drei ist der familiäre Aspekt. Wenn ich als Vorsänger aktiv sein möchte, möchte ich auch jedes Spiel dabei sein. Nich ein Spiel dabei sein, dann wieder zwei Spiele nicht. Es ist ja jetzt auch eine gute Ausgangslage, wo man sagen kann – jetzt bauen wir unterstützend einen neuen Vorsänger auf. Der jetzt im kleineren Rahmen noch lernen kann um dann für die Bundesliga gerüstet zu sein. Einfach wegzutreten um damit jemanden ins kalte Wasser zu stürzen – das wird nicht funktionieren.

Als Letztes bleibt auch dir, wie eigentlich jedem unserer Interviewpartner, die Chance auf das letzte Wort. Wenn du noch etwas anfügen möchtest, dann bitte…

Ich würde mir wünschen, dass es – egal wie die Situation ist – wieder ein Miteinander gibt. Ohne irgendwelchen Kompromissen. Dass die Jungen auf die Alten, aber auch umgekehrt, zugehen und ein Miteinander finden und wir alle gemeinsam wieder erkennen, dass wir nur wegen einem ins Stadion gehen – und das ist der LASK. Ob mit Reichel oder ohne Reichel – es geht rein um uns, und sonst um nichts.

Seit1908
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