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5. May 2015
Matthias Hamann: “Linz war eine durchwegs positive Erfahrung”

Viele Namen kursieren derzeit in diversen Medien wenn es um den Nachfolger von Interimscoach Martin Hiden geht, darunter auch Ex LASK Trainer Matthias Hamann. Für uns Grund genug Matthias Hamman zu kontaktieren. Wie er reagieren würde, würde man von Seiten des LASK Kontakt aufnehmen, wie er im Nachhinein seine Amtszeit in Linz sieht und wie sich der Alltag als Scout des US Soccerteams gestaltet erzählte uns der sympathische Deutsche. 

seit1908.at: Zunächst einmal danke, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Sie sind ja seit 2012 als Scout für die US-Fußballnationalmannschaft unterwegs. Sagt Ihnen der Name Shawn Barry zufällig etwas?

Matthias Hamann: Ja klar. Wir haben so ziemlich alle Spieler auf dem Radar, die es in Europa gibt. Zumal wenn sie regelmäßig in ihren Klubs spielen.

Erzählen Sie uns doch ein wenig aus Ihrer Tätigkeit – wie sieht ein typischer Tagesablauf als Scout des US-Soccerteams denn aus?

Ganz grob kann man das gar nicht so genau sagen.
Denn manchmal fahre ich an 3 oder 4 Tagen die Woche hintereinander quer durch Europa, um Spieler beim match oder im Training zu beobachten. Dann wieder sitze ich 2-3 Tage am PC, um Gegner für die nächsten Länderspiele zu analysieren. Dazwischen stimme ich mich dann immer telefonisch mit Jürgen (Klinsmann) und Andi (Herzog) ab, was denn jetzt in naher Zukunft noch wichtig für die nächsten Spiele ist.

Reizt es Sie hin und wieder, auf die Trainerbank als Cheftrainer zurückzukehren?

Klar.
Mit der Zeit als Scout geht ein bisschen der Kick am Wochenende verloren, da man eben sehr auf einzelne Spieler fixiert ist und das Ergebnis nur eine untergeordnete Rolle spielt. Aber nachdem Jürgen Andi zum Cheftrainer der U-23 Olympiamannschaft der US Boys ernannt hat, wollte Andi mich an seiner Seite als Assistenten haben und somit bin ich wieder ein bisschen näher an das Tagesgeschäft ran gerückt.

Nach Ihrem Weggang ging es ja beim LASK turbulent weiter. In der Saison nach Ihrem Weggang erfolgte der Abstieg, eine Saison später die Lizenzverweigerung in die dritte Liga. Seit etwas mehr als einem Jahr hat der Klub nun eine neue Führung und konnte sich wieder im Profifußball zurückmelden. Haben Sie die Entwicklung aus der Ferne ein wenig beobachten können?

Ja, konnte ich und habe ich natürlich, da man seien ehemaligen Vereine immer ein bisschen mehr als andere im Blick hat. Mich freut die Entwicklung und man kann es dem LASK nur wünschen, dass er in naher Zukunft wieder in der ersten Liga spielt, denn da gehört er hin.

Mit dem Abstand einiger Jahre – wie beurteilen Sie Ihre Zeit bei uns in Linz damals, was ist Ihnen an guten und weniger guten Erinnerungen geblieben?

Linz war eine durchweg positive Erfahrung. Die Stadt ist super, die Menschen freundlich und die Fans unglaublich Fußball bekloppt im positiven Sinne. Sie haben ein sehr feines Gespür, was im eigenen Verein geschieht.
Dass eine Führungsperson den Verein benutzt hat für eigene Geschäfte und ein kritischer Trainer und Sportdirektor, der Veränderungen und Professionalisierung anstrebte, nicht behalten werden konnte, das ist nun mal der Lauf der Dinge. Ich hege aber deswegen keine Groll gegen irgendjemanden.

hamann1Bei den Fans genießt vor allem das erste Saisonviertel 2009/10 noch Kultstatus. So gab es ein 4:5 gegen die Wiener Austria daheim, oder aber ein 3:3 bei Sturm Graz, wo man in den letzten 10 Minuten noch einen 3:0-Rückstand egalisierte. Sie schafften es damals, Profis wie Wallner oder Prager, die in tiefen Formkrisen steckten, zu Höchstleistungen zu treiben. Was war das Geheimnis dahinter?

Ganz einfach. Es gibt keines.
Wenn man die Ausgangssituation im Jahre 2009 im Juni betrachtet, sah es doch ohne Übertreibung gelinde gesagt grauenvoll beim LASK aus. Die Mannschaft zerstritten, die Fans auf den Barrikaden, die Sponsoren unzufrieden, die Presse gegen jeden und alles.
Also wollten wir zumindest zuerst den sportlichen Bereich stärken, um mit guten Leistungen die Fans wieder hinter uns zu bringen. Dies gelang durch das unglaubliche Engagement der Spieler, die wirklich alles dafür taten die Vorsaison vergessen zu machen und auch mit voller Leidenschaft unsere Vorgaben umsetzten. Wir gaben allen Spielern einfach den Spaß und die Freude am Spiel zurück und sie dankten es mit guten Leistungen, wie den Saisonauftakt mit einem 4-0 gegen Mattersburg und weiteren tollen Spielen.

In Erinnerung sind freilich auch die Phasen im Herbst geblieben, als man in den letzten 11 Herbstspielen mit einer blutjungen Abwehr (u.A. Rasswalder, Piermayr, Margreitter, Hart, Kobleder) bzw Routiniers, die zu unkonstant agierten (Alunderis, Chinchilla) 35 Tore kassierte. Haben Sie nach Spielen wie dem 7:2 in Kapfenberg schlecht geschlafen? Kann man sich da rückblickend etwas vorwerfen?

Natürlich muss man sagen, dass wir es dann nicht geschafft haben die Balance zwischen unserer überragenden Offensive und einer sicheren Defensive herzustellen. Dieses war bekannt und erkannt und auch für die Wintervorbereitung als Schwerpunkt bereits so vorgesehen. Wie man an der Rückrunde gesehen hat, hat dies ja auch gefruchtet und Helmut Kraft konnte dank einer verbesserten Defensive und der weiterhin guten Offensive eine entspannte Rückrunde spielen.
Der Weg auf junge Spieler zu setzen war und ist alternativlos und wir hätten dann sicher auch im nächsten Jahr Spielern wie Weissenberger, ‘Moarle’ Mayrleb oder Alunderis sagen müssen, dass wir unser Team weiter verjüngen wollen. Der Weg mit jungen Spielern dauert vielleicht etwas länger, aber es ist eher möglich aggressiven, offensiven Powerfußball zu spielen.

Sie haben nach Ihrer Karriere mit Partnern eine Fußballschule gegründet, ist diese noch existent? Was macht für Sie den Reiz an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eigentlich aus?

Ja, die gibt es noch, jedoch richte ich derzeit maximal ein bis zwei Camps pro Jahr aus, da ganz einfach die Zeit fehlt. Die Arbeit macht deswegen so viel Spaß, weil die Kinder einfach spielen und nicht groß über Konsequenzen nachdenken. Sie sind so herrlich unverbraucht und natürlich in ihrem Spiel.

Der LASK hat nun interimistisch Martin Hiden zum Trainer bestellt und sucht derzeit nach einem Cheftrainer für die kommende Saison. Angenommen, man würde Ihre Nummer wählen, was würden Sie sagen? Sie meinten ja einmal, als Trainer sollte man nirgendwo ein zweites Mal hingehen, Sportdirektor hingegen würde interessant klingen…

Ich würde natürlich den Hörer abnehmen, weil ich ein freundlicher Mensch bin und mich gerne mit jedem über Fußball unterhalte.
Als Trainer ist es in der Tat jedoch schwierig vorstellbar zu einem Verein zurückzukehren, da ich auch als Trainer genau diese Prinzip ‘keine ehemaligen Spieler zurückholen’ immer predige.
Meine Ambitionen gehen derzeit eher in Richtung Sportdirektor, aber auch da müssen, egal auf welchem Niveau und bei welchem Verein, schon einige Dinge zusammen kommen, damit das klappen könnte.
Ganz einfach deshalb, weil ich gerade sehr ausgelastet und eingebunden bin in eines der spannendsten Projekte im Fußball ….. die Fußball-Entwicklungsnation USA auf ihrem Weg nach oben zu begleiten und ganz nebenbei ist man auch alle 4 Jahre dann wieder bei einer WM dabei (hoffentlich J), was ja auch nicht das schlechteste ist.

Photos by MARTIN PARZER (http://www.linz.pictures)

Seit1908
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