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Seit die Oberösterreichischen Nachrichten heute mit dem Tagerfeld den möglichen Standort für das neue LASK-Stadion präsentiert haben, führen viele Nutzer hitzige Diskussionen in den sozialen Medien. So mancher Kommentator nennt dabei fragwürdige Zahlen und argumentiert mehr emotional denn rational gegen ein neues Stadion. Das hat das Team von Seit1908 zum Anlass genommen, um ein wenig im Archiv zu graben. Bereits im Herbst 2016 konnten wir mit LASK-Präsident Dr. Siegmund Gruber ein ausführliches Gespräch über die Stadionpläne des LASK führen. Mitsamt interessanter Zahlen und Fakten über die Größenordnung der neuen LASK-Heimat.
LASK-Präsident Dr. Siegmund Gruber gewährt im exlusiven Interview interessante Einblicke in die Planungsarbeit für das neue schwarz-weiße Stadion, erklärt die Hintergründe der Entscheidung, nach Pasching zu gehen und gibt das langfristige Ziel der “Freunde des LASK” vor – die Etablierung in der Bundesliga:
Seit1908: Herr Dr. Gruber, seit der Übernahme des LASK durch die „Freunde des LASK“ ist das Thema eines eigenen Stadions wieder sehr prominent in den Medien vertreten. Und gerade in den letzten Monaten haben sich die diesbezüglichen Planungen konkretisiert – wie ist der aktuelle Stand der Dinge?
Dr. Siegmund Gruber: Wir sind vor einiger Zeit an Herrn Dr. Claus Binz vom Institut für Sportstättenberatung (IFS) herangetreten und haben eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Dabei wurde auf Basis unserer Anforderungen an ein eigenes Stadion – von der Größe und Ausstattung des Kabinentrakts bis hin zur Gestaltung des Hospitality-Bereichs – ein umfangreiches Modell erstellt. Einen zentralen Punkt bildet dabei eine „Markt- und Bedarfsanalyse“, mit der die Wirtschaftskraft des oberösterreichischen Ballungsraum evaluiert wurde. Diese Analyse ist wichtig, da die größte Einnahmequelle eines Fußballclubs der Verkauf von VIP-Logen und VIP-Karten ist und dieser nur funktionieren kann, wenn auch ein entsprechender Bedarf vonseiten der regionalen Betriebe besteht. Am Ende dieser Auswertung stand schließlich das Fazit, dass der LASK mit einem eigenen Stadion in der Lage wäre, 30 bis 40 Logen bzw. 1500 VIP-Karten zu verkaufen. Zum Vergleich: St. Pölten hat in der laufenden Bundesliga-Saison 750 Businessclub-Karten abgesetzt. Dass wir in der Bundesliga 1500 VIP-Karten verkaufen, ist daher vollkommen realistisch. Aktuell liegen wir bei 400 verkauften Karten, und das in der zweiten Liga. Wir wissen aber natürlich, dass mit einem neuen Stadion nicht automatisch 1500 VIPs ins Stadion strömen werden, sondern dass wir uns das durch konstante sportliche Leistung erarbeiten müssen.
Seit1908: In der Machbarkeitsstudie ist auch von Drittveranstaltungen die Rede, mit denen zusätzliche Einnahmen lukriert werden sollen. Welche Art von Veranstaltungen kann man sich darunter vorstellen und an wen richtet sich dieses Angebot vorrangig?
Gruber: Das stimmt, zusätzlich zum Verkauf von VIP-Logen ist auch die Vermietung der Stadion-Räumlichkeiten für Drittveranstaltungen, wie beispielsweise Firmenfeiern oder Produktpräsentationen, vorgesehen. Zuallererst sei gesagt, dass es sich bei diesen Terminen nicht um Großkonzerte am Hauptfeld, sondern um Veranstaltungen im kleineren Rahmen handelt. In der Machbarkeitsstudie wurde ermittelt, dass im Großraum Linz nur ein geringes Raumangebot für Veranstaltungen in der Größenordnung von 300 bis 2000 Gästen besteht. Daher bietet es sich natürlich an, diese Lücke zu füllen. Konkret sollen im neuen Stadion insgesamt an die 212 Veranstaltungen im Jahr stattfinden. Im Rahmen des alltäglichen Spielbetriebs sind das 18 Ligaspiele, zwei ÖFB-Cup- Spiele und vier Freundschaftsspiele. Und hier kommen schließlich die Drittveranstaltungen ins Spiel, wobei 72 Business-Meetings in den vermieteten Logen den Großteil ausmachen. Aber selbstverständlich richtet sich dieses Angebot nicht nur an Firmen, sondern auch an Privatpersonen: LASK-Fans, die ihre Geburtstage, Taufen oder Hochzeiten in einem besonderen Ambiente veranstalten wollen, werden im neuen Stadion die Möglichkeit dazu haben. Die Stadion-Kapelle, die es dafür benötigt, ist mir auch persönlich ein großes Anliegen.
Seit1908: Aber sind 212 Veranstaltungen pro Jahr nicht doch ein wenig hoch gegriffen?
Gruber: Natürlich hört sich das beim ersten Mal nach sehr viel an, doch diese Zahlen sind ja auf Basis anderer vom IFS betreuter Projekte kalkuliert. Bei Mainz 05 gab es in der abgelaufenen Saison beispielsweise 367 Veranstaltungen und selbst in Heidenheim, das nur 48.000 Einwohner zählt, gab es 208 Events. Deshalb glaube ich, dass diese Prognose für Linz halbwegs haltbar ist.
Seit1908: Ein viel diskutiertes Thema unter den LASK-Fans ist ja auch die Kapazität des neuen Stadions – einige meinen, maximal 15.000 Plätze reichen vollkommen aus, während sich andere ein größeres Fassungsvermögen wünschen – kann man diesbezüglich bereits etwas verraten? Und wie wirkt sich die Kapazität auf die Finanzierbarkeit aus?
Gruber: In der Machbarkeitsstudie wurde natürlich auch die geeignete Kapazität für ein Stadion im Linzer Raum thematisiert. Dazu sei gesagt, dass es rein kostentechnisch kaum eine Rolle spielt, ob ein Stadion 16.000 oder beispielsweise 25.000 Zuschauer fasst – denn die Baukosten steigen alles andere als linear zur Kapazität. Das ist deshalb so, weil der mit Abstand teuerste Teil eines Stadions die Haupttribüne mit den darin untergebrachten Hospitality-Räumlichkeiten, den Büros und dem Kabinentrakt ist. In unserem Modell betragen die Kosten für die Haupttribüne rund 30 Millionen Euro. Die Gegengerade, die 5000 Plätze fasst, kostet dagegen nur drei Millionen, also ein Zehntel davon. Somit sparen wir uns nicht viel, wenn wir ein kleineres Stadion hinstellen und dann womöglich in einigen Jahren aufstocken müssen. Und da eine Aufstockung in neunundneunzig Prozent der Fälle teurer kommt als ein von vornherein größeres Fassungsvermögen, kalkulieren wir aktuell mit einer Kapazität von 16.500 Plätzen bei internationalen Spielen. Klappt man dann die Sitze bei Ligaspielen weg, kommt man auf 20.000 Plätze. Somit wären wir bei einem Kostenpunkt von rund 45 Millionen Euro, wobei der LASK einen Gutteil dieser Summe selbst stemmen müsste.
Seit1908: Bürgermeister Luger ließ in den vergangenen Wochen mit der Idee aufhorchen, ein 8000 Zuschauer fassendes Fußballstadion in Linz zu bauen. Können Sie dieser Überlegung etwas abgewinnen?
Gruber: Bei einem Fußballstadion mit einer Kapazität von 8000 würden sich gleich mehrere Probleme ergeben: Zum einen müsste die Haupttribüne – um den für uns notwendigen 30 VIP-Logen Platz bieten zu können – ja genauso groß sein wie in unserem eigenen Entwurf. Da müsste man dann wohl schon die Gegengerade weglassen, um überhaupt auf eine Kapazität von nur 8000 zu kommen. Und zum anderen sieht der Plan des Herrn Bürgermeisters ja vor, bei Spitzenspielen auf die Gugl auszuweichen. Und die besitzt wiederum überhaupt keine VIP-Logen – wo soll ich dort also meine bereits verkaufte Loge aus dem Hut zaubern? Bei weiterer Überlegung stellen sich dann Fragen nach den Vermarktungsrechten des Stadionnamens oder der logistischen Realisierbarkeit des Transports der Werbebanden vom Fußballstadion auf die Gugl – da gibt es also einige ungelöste Probleme. Außerdem bin ich der Meinung, dass ein Neubau eines Stadions immer zukunftsorientiert erfolgen sollte. Aktuell würden 8000 Plätze für die meisten Spiele reichen, doch bis so ein Stadion steht, vergehen Jahre. Und der Weg, den der LASK beschreiten will, erfordert in einigen Jahren mit großer Sicherheit ein weitaus höheres Fassungsvermögen. Und dass eine moderne, zukunftsorientierte Infrastruktur etwas bewirken kann, sieht man am Beispiel der deutschen Bundesliga: In der Saison 1990/91, also vor der ersten Welle neugebauter Stadien, lag der Zuschauerschnitt bei 18.700. Heute liegt er bei sage und schreibe 49.000. Und das liegt nicht zuletzt an den attraktiven Spielstätten in Deutschland. Und genau an diesem Punkt befindet sich nun auch der österreichische Fußball: Die Austria investiert aktuell in ein neues Stadion, Rapid hat bereits eines, Sturm und Altach betreiben ebenso eine Infrastruktur-Offensive. Da stellt sich dann die Frage: Was machen wir, was macht der LASK diesbezüglich? Und darauf kann die logische Antwort eben nur ein eigenes Stadion sein.
Seit1908: Apropos eigenes Stadion: Im Moment haben wir ja mit dem Waldstadion eigentlich so etwas wie eine eigene Heimstätte, wenn auch zeitlich befristet. Dass es überhaupt zum Auszug nach Pasching kommen musste, hat ja eine Vorgeschichte und seither ist das Verhältnis zur Stadt Linz nicht das Allerbeste. Ist vor diesem Hintergrund ein Stadion-Standort im Linzer Stadtgebiet überhaupt denkbar?
Gruber: An der Stelle würde ich gerne erklären, wie es denn nun genau dazu kam, dass wir unsere Heimspiele ausschließlich in Pasching spielen. Die ganze Thematik begann nämlich mit einer Änderung der Lizenzbestimmungen, die besagt, dass ein Team nicht mehr unbeschränkt oft in ein Ersatzstadion ausweichen darf. Es sei denn, man weicht in ein größeres Stadion aus, dann darf man wieder unbegrenzt oft dort spielen. Hätten wir nun also wie Blau-Weiß Linz die Gugl als Heimstadion angegeben, hätten wir nur mehr vier Mal nach Pasching ausweichen dürfen. Das geht sich aber aufgrund der Fülle an Veranstaltungen im Gugl/Tips-Arena-Komplex nicht aus. Das beispielsweise bei Veranstaltungen wie dem Generali Ladies Turnier oder der Karate-WM essentielle Stadionbereiche wie der VIP-Club nicht genutzt werden können, stand schon lange fest. Darum blieb uns nur die Wahl, Pasching als formelles Heimstadion anzugeben und somit die Option zu haben, so oft wie möglich nach Linz „auszuweichen“. Daraufhin wurde uns von der Stadt Linz im Mai durch die Sportstadträtin Karin Hörzing mitgeteilt, dass die Mietkosten für die Gugl nun noch höher ausfallen werden, da wir ja aufgrund des formellen Heimstadions in Pasching kein Linzer Verein mehr seien. Als ich daraufhin gefragt habe, ob die höhere Miete auch bestehen bleibt, wenn wir mehr Spiele wie in der Vorsaison (11 Spiele; Anm.) auf der Gugl austragen, hat sie das bestätigt. Das hat schließlich nicht einmal LIVA-Manager Thomas Ziegler verstanden, mit dem wir im Übrigen sehr gerne weiter zusammen gearbeitet hätten. Die tatsächlichen Mietkosten bekamen wir dann ja bekanntermaßen erst drei Tage vor dem ersten Heimspiel, und da stand Pasching als neue fixe Heimstätte schon längst fest, da wir irgendwann eine Entscheidung treffen mussten. Dennoch sind wir trotz dieser unglücklichen Geschichte guter Dinge, dass die Stadt Linz in der Stadion-Causa doch noch einlenkt und uns hier keine Steine in den Weg legt. Dazu zählt auch, dass die Stadt Linz Wort hält und einen Stadionneubau gemäß dem Gemeinderatsbeschluss von 2007 mit zehn Millionen Euro bezuschusst. Demgemäß ist also ein Linzer Standort definitiv nicht ausgeschlossen.
Seit1908: Der Standort des neuen Stadions steht noch in der Schwebe, fix ist aber der Zeitpunkt, an dem der LASK eine neue Heimat braucht. Im Sommer 2022 läuft die Vereinbarung mit der Gemeinde Pasching über die Spielbetriebsnutzung des Waldstadions aus – wie sieht angesichts dieser Deadline der Zeitplan bis zum fertigen Stadion aus?
Gruber: Der nächste entscheidende Schritt wird sein, dass wir uns die Kaufoptionen für die noch verbliebenen Standortmöglichkeiten sichern, das wird in den nächsten sechs bis maximal zwölf Monaten erfolgen. Dann haben wir noch bis zwei Jahre Zeit, um das ganze Projekt zu planen und Anfang 2020 sollte schließlich der Spatenstich erfolgen, um zeitgerecht im Juni 2022 fertig zu sein. Das neue Allianz Stadion von Rapid ist da sicherlich ein guter Anhaltspunkt, dort wurde 17 Monate lang gebaut.
Seit1908: Und was würde es bedeuten, wenn das neue LASK-Stadion trotz aller Bemühungen nicht in den nächsten sechs Jahren realisiert wird?
Gruber: Das würde in letzter Konsequenz heißen, dass sich der LASK – und damit auch Linz – auf kurz oder lang vom Profifußball verabschieden müsste. Haben wir 2022 kein eigenes Stadion, so könnten wir natürlich auch in der Bundesliga die eine oder andere Saison auf der Gugl mitspielen. Doch ohne eigenes Stadion fehlen uns bedeutende Einnahmequellen, ohne die wir unser Budget niemals auf ein Niveau heben können, das uns eine gewisse Planungssicherheit in der obersten Spielklasse gewährleistet. Die halbe Bundesliga steht aktuell bei einem Budget zwischen fünfeinhalb und siebeneinhalb Millionen Euro. Und alleine die Kosten für Mannschaft und sämtliche Mitarbeiter betragen etwa drei bis dreieinhalb Millionen pro Saison. Wie soll man da außerordentliche Kosten wie etwa hohe Geldstrafen oder Reparaturarbeiten am Trainingsgelände stemmen können? Nur, indem man im sportlichen Bereich, also in der Kaderplanung, Einsparungen vornimmt. Mit diesem Budget kann man sich also nicht in der Bundesliga etablieren, es reicht maximal dafür, Jahr für Jahr um den Abstieg zu kämpfen. Und unser langfristiges Ziel muss es sein, budgetär auf Augenhöhe mit dem SK Sturm Graz (ca. 15 Mio. €; Anm.) zu sein, und das geht nur mit einem eigenen Stadion. Und haben wir dann in etwa zehn Jahren diesen Punkt erreicht, dann darf der Abstieg aus der Bundesliga gar kein Thema mehr sein. Aber ohne eigenes Stadion werden wir fast zwangsläufig irgendwann wieder absteigen und wenn man erst einmal im Amateur-Bereich ist, kommt man nur sehr schwer wieder nach oben.
Seit1908: … und damit das nicht passiert, drücken wir an dieser Stelle ganz fest die Daumen, dass der Traum vom eigenen Stadion in Erfüllung geht und man den LASK schon in wenigen Jahren wieder zum Standard-Inventar der Bundesliga zählen darf. Vielen Dank für das Gespräch!