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16. August 2023
Rollstuhlplatz in der Fankurve trotz Versprechen nicht umgesetzt

Rollstuhlplatz in der Fankurve trotz Versprechen nicht umgesetzt

Seit der Stadioneröffnung erfährt der LASK (zurecht) viel Lob für den Bau, der sich (zumindest aus Sicht der schwarz-weißen Brille) doch vom Einheitsbrei abhebt. Dennoch gibt es nach wie vor Dinge, die erst passend gemacht werden müssen. Dafür haben wir Verständnis. Wofür wir kein Verständnis haben ist, dass der Verein das Versprechen eines adäquaten Rollstuhlplatzes inmitten der Fankurve trotz baulicher Möglichkeiten und des Angebots der Fanszene, diesen zu finanzieren, nicht umsetzt. Wir haben darüber mit dem Betroffenen David Kühhas gesprochen.

Servus David! Stell dich doch bitte kurz vor und sag uns auch, seit wann du mit dem LASK verbunden bist.
David: Hallo! Ich bin 30 Jahre alt, seit frühester Kindheit LASKla und gehe nun bald in mein 25. Jahr mit den Schwarz-Weißen. Der LASK ist meine große Leidenschaft, hat seit jeher eine zentrale Rolle in meinem Leben eingenommen und wird dies auch in Zukunft tun. Viele Leser werden mich vermutlich kennen, sei es nun von Heimspielen oder Auswärtsfahrten. Ob ich möchte oder nicht, ich falle gewissermaßen auf wie ein bunter Hund 😊

Da du auf einen Rollstuhl angewiesen und gleichzeitig Teil der Fankurve bist, warst du schon früh in der Stadionplanung mit Verantwortlichen in Kontakt, um dies zu ermöglichen. Wann gab es den Erstkontakt, was wurde dir im Laufe der Gespräche versprochen?
David: Die erste Kontaktaufnahme in dieser Causa erfolgte im Nachgang an unseren tollen Europacup-Abend in Basel, der vielen von uns gewiss noch in bester Erinnerung ist. Die Schweizer boten nämlich Plätze für Rollstuhlfahrer im Gästesektor an. Leider habe ich auf meine E-Mail-Anfrage vom 14. August 2019 jedoch nie eine Antwort des LASK erhalten.
Allerdings wurde mir das Glück zuteil, auf der folgenden Europacup-Reise nach Brüssel jemanden kennenzulernen, der für mich Kontakt zu Herrn Gruber herstellen konnte. Somit eröffnete sich mir die Möglichkeit, dem Präsidenten in einem kurzen Gespräch von meinem Kindheitstraum, zu berichten, Teil der Fantribüne zu sein.
Er versicherte mir, dass, sofern die Behörde nicht ihr Veto einlege, einer Umsetzung nichts im Wege stehen würde. Dadurch wähnte ich mich meinem Ziel einen beträchtlichen Schritt näher.

Wie ging es anschließend weiter?
David: Im Zuge der Online-Präsentation der neuen Raiffeisen-Arena in Corona-Zeiten erfolgte schließlich die Bestätigung, dass es Stadionbesuchern im Rollstuhl zukünftig auf Wunsch möglich sein werde, Spiele inmitten des Fansektors zu verfolgen. Als bei der Vorstellung der ASK-Stehplatztribüne seitens des ausführenden Architekten explizit auf Plätze für Rollstuhlfahrer Bezug genommen wurde, war ich mir sicher, dass das, was lange Jahre so weit weg und unerreichbar schien, letztlich doch Realität werden sollte. Meine Vorfreude auf die Stadioneröffnung war dementsprechend grenzenlos.

Wurdest du vor dem Eröffnungsspiel darüber informiert, wie dein Platz nun am Ende aussieht und inwiefern unterscheidet sich der Platz von dem, der dir versprochen wurde?
David: Nein, vor dem Eröffnungsspiel gab es diesbezüglich keine Kontaktaufnahme des LASK mit mir.
Die gesamte, unglaublich große Vorfreude kumulierte sich auf den Tag der Tage, den 24. Februar den Tag der Stadioneröffnung, den ersten Schritt ins neue „Wohnzimmer“. Leider hatte ich für mich bewusst beschlossen keine andere Gelegenheit wahrzunehmen, das Stadion zu besichtigen, um die neue Arena in ihrer vollen Pracht auf mich wirken lassen zu können. Eine Entscheidung, die ich rückblickend nie wieder so treffen würde. Leider lässt sich die Zeit bekanntlich aber nicht zurückdrehen.
Das Erlebnis am Tag der Eröffnung hätte ernüchternder nicht sein können. Die Umsetzung des Vorhabens war gründlich missglückt. Da sich die Plätze auf ein und demselben Höhenniveau befinden, wie die „gewöhnlichen“ Stehplätze in den Reihen davor, ist einem jegliche Sicht auf das Spielfeld genommen, die Rückseite der Stadionbesucher vor einem ist alles, was an Ausblick und Perspektive verbleibt. Immerhin überragen mich diese – meiner sitzenden Position geschuldet – um ein Vielfaches.

Offen gestanden glaubt man sich, als jemand, der naturgemäß in seinem Alltag mit den Themen Inklusion und Barrierefreiheit in regelmäßigen Abständen konfrontiert wird, im falschen Film. Ich hatte mit vielem gerechnet, damit, dass ein Fehler dieser Größenordnung unterlaufen könnte, jedoch nie und nimmer. Entsprechend im Keller befand sich meine Laune, was ein historischer Moment für alle werden hätte sollen, hatte sich für mich in kurzer Zeit in ein Fiasko gewandelt.

Warst du im Anschluss daran nochmal mit dem Verein im Kontakt? Wie lief die Kommunikation ab? Wurden Verbesserungen in Aussicht gestellt?
David: Ja, noch während des Eröffnungsspiels wurde mir versichert, zu versuchen, bis zum nächsten Heimspiel gegen Salzburg eine Lösung auszuarbeiten. Leider blieb dieses kurze Gespräch – abgesehen von der Stadionbegehung am 24. Mai – bis heute der einzige direkte Kontakt mit Vertretern des Vereins. E-Mails blieben unbeantwortet, es kam immer nur dann etwas Bewegung in die Sache, wenn sich Dritte für mich in meiner Angelegenheit stark machten. Insofern fühle ich mich, ich würde es gerne anders sehen können, als Stadionbesucher zweiter Klasse. Nach einer Phase des Vertröstens und Beteuerns, man arbeite an einer Lösung, erhielt ich am 11. Mai die vorläufige finale Absage. Es werde keine entsprechenden Plätze geben, Theorie und Praxis seien in diesem Fall nicht kompatibel.

Für mich persönlich mehr als nur bitter und frustrierend, immerhin bietet der Stehplatz 4500 Besuchern Platz. Nicht allerdings demjenigen, der sein Anliegen, im Wissen, dass die Umsetzung etwas komplizierter und aufwändiger werden würde, extra frühzeitig deponiert hat.

Welche Lösungen wurden geprüft und warum wurden diese nicht umgesetzt?
David: Welche Lösungen der LASK intern nach der Eröffnung angedacht, ausgearbeitet, geprüft und letztlich aus welchen Gründen wieder verworfen hat, vermag ich nicht zu sagen. Auf meine Bitte, mich in den Prozess der Ideenfindung einzubeziehen, erhielt ich keine Rückmeldung.
Wovon ich gesichert berichten kann, ist die Tatsache, dass sich auch die Fanszene Gedanken zum Thema gemacht hat. Auf ihr Bestreben hin, erfolgte am 24. Mai die – oben bereits erwähnte – Stadionbegehung. Für den – angesichts der Gegebenheiten – für gut befundenen Lösungsvorschlag der Fanszene holte der LASK einen entsprechenden Kostenvoranschlag ein. Am Freitag vor der Kick-off-Veranstaltung gegen die Vienna wurde das Projekt allerdings endgültig für tot erklärt. Begründung: Die Umsetzung sei zu teuer.

Auch innerhalb der Fanszene gab und gibt es einige, die leidenschaftlich dafür kämpfen, dass du den Platz erhältst, der dir versprochen wurde und der dich zu deinen Freundinnen und Freunden in die Mitte der Kurve bringen würde. Wie wir hörten, wurde seitens der Fanszene nicht nur mehrmals beim Verein auf das Thema aufmerksam gemacht und eindringlich eine Lösung gefordert, sondern sogar das Angebot unterbreitet, die Umbauarbeiten in Höhe von etwa 10.000 € für Rollstuhlplätze zu finanzieren. Auch das wurde vom Verein abgelehnt. Mit welcher Begründung?
David: Wenngleich die Betreffenden ohnedies Bescheid wissen, möchte ich an dieser Stelle nochmals ausdrücklich die Gelegenheit nutzen, mich bei ihnen für ihren Einsatz zu meinen Gunsten zu bedanken. Ich weiß dies sehr zu schätzen und sehe es keinesfalls als selbstverständlich an.

Der Verein plant, jene Plätze, die als sichteingeschränkt gelten in den Stehplatz zu integrieren, diesen demnach entsprechend zu erweitern. Der Bereich, in dem ich nun aus der Not heraus Heimspiele verfolge, wäre hiervon ebenso umfasst. Deswegen sieht der Verein keinen Sinn und Nutzen darin, die angedachten Umbauarbeiten durchführen zu lassen. Ganz gleich, wer für diese aufkommen würde.

Zwischen Verein und Fanszene kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten, das Klima ist zurzeit nicht so gut. Inwiefern wirkt sich das auf dein Bemühen aus?
David: Zunächst einmal gar nicht – wieso auch? Das eine hat per se schließlich nichts mit dem anderen zu tun und sollte somit nicht miteinander vermengt werden. Umso erschreckender daher die Aussage von Generalsekretär Fellinger im Gespräch mit einem Vertreter der Fanszene vor dem Teilboykott beim Heimspiel gegen Salzburg: „Mit der Protestaktion könnt ihr sowieso nicht erwarten, dass der Platz was wird.“ Das stimmt mich sehr nachdenklich und wirft die Frage auf, ob man überhaupt verstanden hat, worum es geht – und zwar nicht um Belange der Fanszene an sich.

Durch die angestrebten Umbaumaßnahmen des Vereins wärst du also erst recht wieder im selben Eck wie aktuell, nur dass du dich “offiziell” am Stehplatz befinden würdest?
David: Insoweit ich das richtig verstanden habe, dürfte das pro forma zutreffend sein. Wobei in diesem Fall schon festzuhalten ist, dass von der ursprünglichen Ankündigung Spiele inmitten der Kurve verfolgen zu können, nicht mehr allzu viel übrig ist. Handelt es sich hier doch um die Ausläufer des sichteingeschränkten Bereichs.

Warum ist dir der Platz inmitten der Fankurve wichtig?
David: Das Erlebnis „LASK“ wird für mich persönlich dadurch nochmals auf eine ganz andere, intensivere Ebene gehoben. Kurvengängern braucht man nicht zu erklären, wie sich die pure Ekstase anfühlt, wenn in der Nachspielzeit doch noch der siegbringende Treffer für unsere Farben fällt, was das in einem auslöst, welch Emotionen das freisetzt. Jeder, der das schon einmal innerhalb des Sektors erlebt hat, wird verstehen können, weshalb ich das nicht missen möchte.

Deshalb möchte ich auch als Rollstuhlfahrer das gute alte DSF-Motto: „Mittendrin statt nur dabei!“ leben können. Wer sich als Teil der Fankurve versteht, mit dem Herzen dabei ist, der sollte dort auch seinen Platz finden können!

Natürlich geht es mir primär um meine eigene Situation. Zu keinem Zeitpunkt jedoch ausschließlich. Wenn ich damit einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, dass in diesem Bereich damit begonnen wird, alte Denkmuster zu verwerfen, Dinge, die vermeintlich so sein müssen, weil sie schlicht immer schon so waren, zu hinterfragen und zu ändern, würde mich das freuen.

Lasst die nächste Generation an Fußballbegeisterten mit Handicap nicht weiter sehnsuchtsvoll ihren Blick Richtung Sektor richten, sondern aktiv Teil davon sein! Der LASK kann hier nach wie vor eine Vorreiterrolle einnehmen!

Danke fürs Gespräch, lieber David. Wir hoffen, dass sich doch noch eine Lösung für dich findet und appellieren an den Verein, das Angebot der Fanszene anzunehmen.

ANBEI BEFINDEN SICH NOCH EINIGE FOTOS VON DER DERZEITIGEN “AUSSICHT”:

Harald Sonnberger
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