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22. October 2015
Quo vadis Austria?
Eigentlich hätte ja am heutigen Freitag das Schlagerspiel der 15. Runde in der “skyGo Erste Liga” stattfinden sollen. Unser LASK hätte in Schwanenstadt auf Austria Salzburg treffen sollen. Aus zahlreichen Gründen, die nicht in der Macht des LASK liegen, wurde das Spiel auf Ende November verschoben. Wir fragten uns, was läuft falsch oder richtig bei den Violas aus Salzburg? Da wir natürlich nicht den Einblick in diesen Verein haben, sind wir an einen uns bekannten Fan und Unterstützer der Austria heran getreten, um die LASK Fans etwas darüber aufzuklären. Stefan erklärte sich glücklicherweise bereit dazu und hat uns diesen mehr als interessanten Blog zur Stadionproblematik und zum  “Ist-Zustand”, mit kurzem Blick in die Geschichte, seiner Austria zukommen lassen.

 
Heute ist der 19. Oktober 2015. Ich sitze gerade im Zug nach Wien und schreibe über meine Austria, weil ich darum gebeten wurde. Der Hauptgrund meiner Fahrt ist das morgige Auswärtsspiel gegen den FAC. Möglicherweise ist es das Letzte.
 
Ich soll für die Seite “seit1908.at” einen Gastkommentar schreiben. Zur aktuellen, ungewissen Situation aus der Sicht eines Austria Salzburg-Fans. Gar nicht so einfach, wenn man die Zeitungen ein bisschen mitverfolgt hat. Trotzdem werde ich mich bemühen, auch Außenstehenden einen kurzen Einblick zu geben.
 
Die Geschichte der Übernahme durch Red Bull sollte inzwischen jedem Fußballinteressierten bekannt sein, darauf werde ich also nicht mehr groß eingehen. Trotzdem die Kurzfassung um sich nochmal ein bisschen hineinzudenken: Man geht Jahre (oder Jahrzehnte) lang zu seinem Lieblingsverein, dieser hat mit Geldproblemen zu kämpfen, ein potenter, lokaler Sponsor kündigt sich an, es keimt große Hoffnung auf. Die Realität sieht dann aber so aus, dass der Herzensverein ausgelöscht wird, als wäre er nie dagewesen: Neuer Name, neues Logo, neue Farben. Auf Tradition und Fans wird kein Wert gelegt, Hauptsache die Kasse klingelt. Den Fans, die zu ihren Werten stehen, wird signalisiert, dass sie unerwünscht sind. Diese wollen den Tod ihres Vereins aber nicht hinnehmen und gründen ihn neu: Nach einer kurzen Kooperation mit dem PSV Salzburg geht es 2006 von ganz unten wieder los. 2. Klasse Nord, die 7. österreichische Liga. Die Spieler werden gecastet, das wenige Geld gibt’s durch Spenden der Fans, der Trainingsplatz ist zu Beginn seeeehr provisorisch. Aber darum geht es nicht. Man will Fußball mit Herz.
 
Und nicht nur man selbst will das. Das Projekt geht um die Welt, Solidarität wird in extrem vielen Stadien rund um den Globus gezeigt. Fangruppen auf der ganzen Welt interessieren sich dafür, Medien haben die neue Austria im Fokus. Auch sportlich läuft es. Durch die Präsenz in den Medien und dieses gewisse Etwas, das das Projekt hat, ist die Mannschaft auch für vergleichsweise stärkere Spieler interessant. Außerdem sind gerade zu Beginn eingefleischte Austrianer Teil der Mannschaft. Ein Aufstieg nach dem anderen folgte, bis man schließlich in der Regionalliga, der 3. Spielklasse angekommen war. Die Euphorie bei allen Beteiligten war groß, von der untersten Klasse weg waren die Spiele gegen die Austria für jeden Verein das Highlight. Großteils wurde man sehr freundlich empfangen, nur ein paar Tiroler Vereine signalisierten Ablehnung. Uns Austria-Fans war egal wie der Gegner hieß. Ob Plainfeld, Seekirchen, Hard. Überall war man mit Begeisterung dabei.
 
Letztes Jahr war es dann nach ein paar Jahren Regionalliga soweit: Der direkte Aufstieg in die zweite Liga gelang. Nach nicht mal zehn Jahren waren wir zurück. Zurück im Profifußball. Schneller, als es uns jeder zugetraut hatte. Schneller, als Red Bull mit all den investierten Millionen das oft hinausposaunte Ziel, die CL-Teilnahme, erreicht hatte. Und alles von den Fans aufgebaut. Natürlich braucht auch Austria Salzburg professionelle Strukturen, trotzdem lebt der Verein von den Fans. Die Hoffnung und Freude der Fans war dementsprechend groß: Endlich wieder in richtigen Stadien spielen, endlich wieder große Namen als Gegner. Noch dazu sollte diese Saison eine ganz besondere sein, da in der zweiten Liga Vereine aus mehr Landeshauptstädten teilnehmen als in der Bundesliga. Die Euphorie war enorm. Trotzdem hatte man auch immer dieses eine, große Problem im Kopf, welches uns auch so lange um die Lizenz zittern lies: Unser Stadion.
 
Das Austria-Stadion in Maxglan ist nicht profifußballtauglich. Das war von Anfang an klar, auch vor dem Aufstieg. Dieser wurde trotzdem in Angriff genommen, um Druck auf die Politik auszuüben. Ohne diesen hätte der Verein gar nichts von der Stadt bekommen, mit dem Aufstieg jedoch hoffte man auf ein kleines, ligataugliches Stadion. In Salzburg gibt es nämlich nur eine überdimensionierte Arena, jedoch keine städtische Spielstätte für Vereine ohne Millionen in der Hinterhand. Der Wunsch nach einem „Salzachsee-Stadion“ inklusive Sportzentrum für Vereine anderer Sportarten war in den Köpfen.
 
Nachdem dieser Wunsch nicht erfüllt wurde, präsentierte der Verein nach langem Suchen Schwanenstadt als Ausweichmöglichkeit für die sogenannten Hochrisikospiele. Ein geeignetes Stadion war nicht so einfach zu finden, auch weil es ein Jahr zuvor im Cupspiel gegen Vöcklabruck Ausschreitungen gegeben hatte. Ein zu kleiner Gästesektor für die Massen an Fans, eine überforderte Polizei und vor allem viel zu viele Vollidioten auf beiden Seiten, die dieses Match als Bühne nutzten. Jeder normale Austria-Fan war stinksauer auf diese Arschlöcher, die dem Verein dadurch solchen Schaden zufügten. Das Image des Schlägertrupps war logischerweise gegeben. Weil sich eine Minderheit nicht im Griff hatte, wurden alle Fans verteufelt. Nach diesem Spiel gab es nie wieder einen ähnlichen Vorfall, aber dieses eine Spiel hatte gereicht, um uns die Stadionsuche bis heute extrem zu erschweren. Aus Betreibersicht ist das ja teilweise auch durchaus nachzuvollziehen…
 
Als nun Schwanenstadt präsentiert und sogar lizenziert wurde, war die Freude in den Reihen der Fans überwiegend groß. Natürlich ist ein Ort in Oberösterreich nicht erste Wahl für die Heimstätte der Salzburger Austria, aber man musste froh sein, die Lizenz überhaupt zu bekommen. In Maxglan scheiterte es an Vielem: Nicht nur das fehlende starke Flutlicht war ein Hindernis, vor allem die gegebene Infrastruktur zerschlug die Hoffnung auf alle Spiele in unserer Stadt. Zumindest die realistisch denkenden Fans wussten das von Anfang an. Trotzdem wolle man zumindest so viele Spiele wie möglich im richtigen Heimstadion austragen. Auch verständlich.
 
Also musste Schwanenstadt UND das Stadion in Maxglan adaptiert werden. Die Austria-Fans hatten in den letzten Jahren über 200.000 € für „eine Heimat für die Austria“ in einem Fonds gesammelt, das reichte jedoch bei weitem nicht. Die Umbauarbeiten verzögerten sich, die Kosten wurden höher, in den Zeitungen wurde viel spekuliert. Infos an die Fans gab es von Vereinsseite her wenige, außer man brauchte dringend Geld (z.B. die „Bausteinaktion“) oder Helfer (eben für die Umbauarbeiten). Als Fan wusste man nicht so recht, was man gut und schlecht finden sollte. Natürlich wollte man helfen und unterstützen so gut es ging, gleichzeitig standen und stehen aber zwei für die Bundesliga zugelassene Stadien in einem Radius von 10 Kilometern. Sich bei Red Bull einzumieten war, abgesehen vom finanziellen Aufwand, für viele aus Prinzip keine Option. Die Verantwortlichen der Bullen signalisierten auch immer klar, dass sie uns nicht haben wollen. Gleiches galt für Grödig. Es ist aber Tatsache, dass beide Stadien mit Geldern des Landes gefördert wurden. Anstatt bei den Betreibern Druck zu machen, wurde die Austria hier jedoch von der Politik im Stich gelassen. Die Stadt Salzburg finanzierte zwar ein mobiles Flutlicht, das allein war aber bei weitem nicht ausreichend.
 
Die Saison begann also, und sportlich lief es besser als gedacht. Innerhalb von fünf Spieltagen hatte man acht Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Die ersten Heimspiele wurden alle in Schwanenstadt gespielt, Maxglan war noch nicht fertig. Dann kam es zum ersten Problemspiel. Wacker-Fans kündigten sich vor dem Spiel in Massen an, die zuständige Behörde Vöcklabruck verlangte einen Gästesektor für 1000 Personen. Zumindest wurde dies so in den Medien kommuniziert. Gleichzeitig hielt sich das Gerücht hartnäckig, dass es nach Lizenzierung und Stadionzulassung einen unerlaubten Sektorentausch von Seiten der Austria gegeben hatte. Von Vereinsseite wurde dies jedoch nie öffentlich oder den Mitgliedern gegenüber kommentiert. Trotz Einigung der Vereine, dass überhaupt keine Gästekarten beantragt werden, bestand die Behörde auf den großen Sektor. Absolut unverständlich für jeden Fan! Das Ergebnis war ein Geisterspiel, zu dem die Fans trotzdem anreisten um vor dem Stadion zu supporten. Obwohl auch viele Tiroler kamen, verlief alles friedlich, man wollte ein Zeichen setzen. Es war auch ein Protest gegen künftige Geisterspiele. Gleichzeitig war jedem klar, dass dies eine Ausnahmesituation war. Künftige Risikospiele würden zum Problem werden.
 
Dies bringt uns zur jetzigen Situation. Die Behörde untersagte weitere Risikospiele in Schwanenstadt, die Vereinsführung begab sich trotz der bereits getätigten Investitionen wieder auf die Suche nach einer neuen Alternative. Laut Sportdirektor Stöger wurden alle Optionen in Österreich angefragt, es blieben nur Schwanenstadt und das Tivoli-Stadion in Tirol. Letzteres wurde aber wiederum von der dortigen Behörde nicht zugelassen. Also wurde wieder Schwanenstadt für das Spiel gegen den LASK angegeben, in dem Wissen, man hat nur drei Tage Zeit für Adaptierungen, die über 100.000 € kosten würden. Und auch diese 100.000 € hat man nicht. Am Montag untersagte die Behörde das anstehende Spiel gegen den LASK. Es wurde vorerst verschoben. Eine Reaktion der Bundesliga wird folgen.
 
Aber was bedeutet das nun für die Austria und was für uns Fans?
 
Für die Austria ist dies möglicherweise wieder einmal das Ende. Die Vereinsführung war nicht fähig die strukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen um den Profibetrieb zu gewährleisten, wurde dabei aber von der Politik im Stich gelassen. Es wird ein Sportzentrum in Liefering für zig Millionen gebaut, aber ohne dort ein kleines Stadion zu inkludieren. Auch Druck auf die Stadionbetreiber in Klessheim und Grödig wurde nicht gemacht. Hier wäre auf jeden Fall mehr notwendig gewesen. Trotzdem ist es für mich persönlich so, dass ich die Hauptverantwortung des Misserfolges bei der Vereinsführung sehe. Zu viele Gerüchte, dass Dinge nicht richtig gelaufen sind, halten sich konstant. Kommunikation zu den Mitgliedern: Fehlanzeige. Es erweckt den Eindruck, als hätte man sich in den unteren Ligen jahrelang  irgendwie durchgewurschtelt. Im Profibetrieb funktioniert das so aber nicht mehr und rächt sich. Selbst wenn wir diese Saison die Lizenz nicht verlieren, und nochmal in Umbauten investieren, ist die Lizenz dann vermutlich nächste Saison weg. Laut Zeitungsberichten sind wir bei einem Gesamtbudget von 1,7 Mio. € mit ca. 500.000 € darüber. Stöger spricht neben den zusätzlichen Kosten für den Umbau auch von „Altlasten“. Ich frage mich, und sicher viele andere ebenso, wo bei einem 10 Jahre alten Verein solche Altlasten entstehen können. 
 
Sportlich ist es inzwischen ebenfalls schwer. In der Verteidigung sind wir nicht gut aufgestellt, die aktuelle Situation wirkt sich auch auf das Team aus. Seit Freitag sind wir erstmals in der Abstiegszone. Sollten wir also doch wider Erwarten irgendwie die Lizenz für die nächste Saison sichern können, muss der Klassenerhalt erst geschafft werden. Die Zukunft ist also mehr als Ungewiss, es sieht aber alles andere als gut aus. Es ist zu befürchten, dass die Austria in Konkurs gehen wird. Ob es dann nochmal ein Comeback gibt werden wir sehen, es würde auf jeden Fall aber wieder ein langer, steiniger Weg werden.
 
Aber, so scheisse es momentan auch läuft, eines kann man der Austria nicht vorwerfen: Am Platz kämpfen und rackern sie jedes Mal bis zum Umfallen. Und mit lautstarken Fans im Rücken, gelingt dann manchmal doch noch etwas Entscheidendes. Eben diese Fans werden auch morgen, gegen den Tabellenletzten, wieder dabei sein und lautstark das Team unterstützen. Bei kaltem, regnerischen Wetter. Weil die Umstände egal sind, weil die Austria spielt.
 
Forza Viola, Stefan
Seit1908
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