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20. October 2014
Schiedsrichter Alexander Harkam meint es gut mit dem LASK.

Was war das für ein Spiel am vergangenen Freitag! Der LASK gewann – zugegeben etwas glücklich – mit 1:0 gegen Mattersburg und setzte sich an die Spitze der Sky-Go-Ersten Liga. Zu diskutieren gab es nach dem Spiel wieder reichlich. Allen voran die Heldentaten von Keeper Pavao Pervan. Doch auch ein anderer stand (wieder einmal) im Fokus: FIFA-Schiedsrichter Alexander Harkam. Als LASK-Fan ist man es bei ihm ja gewohnt, dass man sich bei Harkam-Spielleitungen mit Strafstößen und Ausschlüssen herumschlagen muss – vor allem wenn man sich an die Auftaktpartie der Bundesliga-Abstiegssaison 10/11 zurückerinnert. Damals hat Harkam in der ersten Spielhälfte gleich 4 Strafstöße für Wr. Neustadt gegeben und zwei LASK’ler ausgeschlossen (zu seiner Verteidigung: alle diese Entscheidungen waren richtig). Die Geschichte schien sich zu wiederholen, als in der Nachspielzeit der Strafstoß für Mattersburg verhängt wurde und Erbek das Feld verlassen musste. Sowohl über den Strafstoß, als auch über die Rote Karte wurde im Anschluss diskutiert – was für mich bedeutet, dass ich wieder eingreife und das Spiel regeltechnisch analysiere. Gleich vorweg: Alexander Harkam hatte an diesem Abend einige schwierige Entscheidungen zu treffen und lag dabei nicht immer richtig. Der Nutznießer war aber in den meisten Fällen der spätere Sieger, also der LASK. Aber sehen wir uns die Situationen, die sich allesamt in der letzten halben Stunde der Begegnung abspielten, an:

65. Minute: Hinum setzte sich am rechten Flügel durch und spielte den Ball auf Vujanovic, der sich gegen drei Gegenspieler durchsetzen kann und zum Abschluss kam. Torhüter Kuster konnte parieren und Dovedan ging ohne Rücksicht auf Verluste in den darauffolgenden Zweikampf um den Ball, wobei er Malic regelwidrig zu Fall brachte. Daraufhin kam es zur Rudelbildung, bei der Torhüter Kuster und Dovedan die federführenden Häuptlinge waren. Schiedsrichter Harkam beruhigte die Situation und verwarnte beide Spieler. Im Spielbericht wurde vermerkt, dass Dovedan die Gelbe Karte für das Foulspiel bekommen hat, Kuster für unsportliches Verhalten.

Foul von Dovedan: Dass es sich um ein Foulspiel von Dovedan handelte ist unbestritten. Für die Disziplinarmaßnahme muss bewertet werden, ob es sich dabei um ein „fahrlässiges“ eine „rücksichtsloses“ oder „brutales“ Vergehen handelte. Mit der Bewertung rücksichtslos – wofür die Gelbe Karte zu geben ist, kann man leben. Auch wenn vereinzelt die Meinung vertreten wird, dass das Einsteigen von Dovedan brutal war, er also eine Verletzung des Spieler in Kauf genommen hat, woraufhin Rot zu geben gewesen wäre. Ich lege mich hier aber fest und sage, dass Dovedan schon die Absicht hatte den Ball zu spielen, er dabei aber keine Rücksicht auf Gefahren für den Gegenspieler nahm und die Gelbe Karte damit richtig ist.

Rudelbildung: Rädelsführer der Auseinandersetzung war eindeutig der Torhüter der Mattersburger. Der aktivste Spieler auf Seiten des LASK war in dieser Auseinandersetzung Dovedan. In den Weisungen des Fußballverbandes an die Schiedsrichter heißt es dazu: „Rudelbildungen: Die Hauptschuldigen sehen Gelb – vor allem jene Spieler, die eine große Distanz zurücklegen, um sich an der Konfrontation zu beteiligen.“ Folgerichtig ist auch die Verwarnung für Kuster eindeutig. Die Rolle von Dovedan ist streitbar. Sieht man ihn – wie Harkam es tat – als Opfer der Rudelbildung, so ist keine Disziplinarmaßnahme zu geben. Beurteilt man sein Vorgehen aber so, das auch er sich aktiv an der Auseinandersetzung beteiligt, hätte auch er die Gelbe Karte dafür bekommen müssen – also Gelb für das Foul + Gelb das unsportliche Verhalten – was die Ampelkarte bedeutet hätte.

In Summe gesehen hat Harkam zweimal zu Gunsten von Dovedan entschieden. Man hätte sich nicht beklagen dürfen, wenn der LASK die letzten 25 Minuten nur mehr zu zehnt gewesen wäre.

76. Minute: Erbek spielte den Ball zu Dovedan, der es gleich wieder mit drei Gegenspielern zu tun bekam und im Strafraum von Rodriguez regelwidrig zu Fall gebracht wurde. Schiedsrichter Harkam hatte gute Sicht, allerdings blieb seine Pfeife stumm. Während die Mattersburger Abwehr auf den Elfmeter-Pfiff wartete, zeigte sich Dovedan davon unbeirrt, stand auf, kam als erster zum Ball, spielte diesen in die Mitte, wo ihn Rath ins eigene Tor beförderte und den LASK mit 1:0 in Führung brachte. Regeltechnisch hätte dieses Tor aber nie fallen dürfen, da das Spiel eigentlich zu unterbrechen gewesen wäre und mit Strafstoß fortzuführen. Ob dies etwas an der Ausgangslage verändert hätte, sei dahingestellt.

79. Spielminute: Nach einem Einwurf für den LASK kam der Ball zu Vujanovic, der von einem Mattersburg-Spieler bedrängt wurde. Vujanovic griff mit der Hand nach hinten und brachte seinen Gegenspieler mit einem Stoß gegen den Hals zu Fall. Wieder hatte Schiedsrichter Harkam gute Sicht und der LASK Glück. Harkam unterbrach das Spiel zwar und ließ mit Freistoß für Mattersburg fortsetzen. Die befürchtete Rote Karte wegen Tätlichkeit blieb aber aus, Vujanovic sah nur Gelb wegen Foulspiel.

93. Minute: Onisowo drang mittig vor dem Tor in den Strafraum ein und ließ Neuhold aussteigen. Erbek kam von links herangestürmt und hinderte den Stürmer damit am Torschuss – allerdings alles andere als regelkonform. Schiedsrichter Harkam entschied auf Strafstoß und schloss Erbek vom Spiel aus. Die Rote Karte war keine Folge von brutalem Spiel, sondern lt. Vermerk im Spielbericht wegen „Verhinderung einer offensichtlichen Torchance“ ausgesprochen, was im Regelbuch auf Seite 39, wo die feldverweisungswürdigen Vergehen definiert sind, gerechtfertigt wird. Da heißt es nämlich, dass das Vereiteln einer offensichtlichen Torchance für einen auf sein Tor zulaufenden Gegenspieler durch ein Vergehen, das mit Freistoss oder Strafstoss zu ahnden ist“ mit einem Feldverweis zu ahnden ist.

Dabei hat der Schiedsrichter folgende Kriterien zu beachten:

• Distanz zwischen Vergehen und Tor

• Wahrscheinlichkeit, dass das angreifende Team in Ballbesitz bleibt oder kommt

• Richtung des Spiels

• Position und Anzahl verteidigender Spieler

• Das Vergehen, durch das eine offensichtliche Torchance vereitelt wird, kann ein Foul darstellen, das mit einem direkten oder indirekten Freistoss geahndet wird.

Tun wir dies auch, dann können wir festhalten, dass die Distanz zum Tor sehr gering war und die Richtung des Spiels klar gegen den Kasten von Pervan war. Zieht man die weiteren Verteidiger in Betracht, so muss man feststellen, dass sich mit Kerschbaumer noch ein LASK-Spieler in der unmittelbaren Nähe befand. Je nach dieser Bewertung, ergibt sich eine andere Situation:

 

Gelbe Karte: Ist man der Meinung, dass Kerschbaumer in einer Position war, in der es zwischen ihm und Onisowo zu einem Zweikampf kommen hätte können, ohne das Onisowo davor den Abschluss hätte suchen können, dann hätte die Gelbe Karte (in diesem Fall Gelb-Rot) ausgereicht.

Rote Karte: Ist man der Meinung, dass Onisowo ohne die Attacke von Erbek freie Bahn gehabt hätte und direkt zum Torschuss gekommen wäre, bleibt dem Schiedsrichter nur mehr eine Wahl: der Ausschluss des Spielers.

Eine solche Entscheidung kann man in dieser kurzen Zeit nicht rational treffen. Da handelt der Schiedsrichter instinktiv. In diesem Fall griff er zur Roten Karte, und ich behaupte hier, dass er dies zu Recht getan hat. Selbst nach 10 Zeitlupenstudien ist noch nicht restlos geklärt, ob Kerschbaumer noch eine Chance gehabt hätte Onisowo vom Ball zu trennen. Hab ich vor wenigen Wochen beim Heimspiel gegen St. Pölten damit argumentiert, dass der Weg zum Tor noch weit war und noch viel hätte passieren können, so plädiere ich jetzt für den Stürmer und sage, dass er schon fähig ist aus 13 Metern auf das Tor zu schießen. Für den Fall dass Harkam nicht nach Instinkt, sondern rational entschieden hat, würde ich es so formulieren: „Die Gelbe Karte hätte der Referee argumentieren müssen, mit der Roten Karte ist er auf der sicheren Seite.“ Letztendlich ist die Entscheidung aus LASK-Sicht ohnehin nachrangig, denn sowohl bei Gelb-Rot, als auch bei Rot hätte Erbek von Platz müssen und beide Formen des Ausschlusses ziehen nur 1 Spiel Sperre nach sich.

Zusammenfassend gesagt: „Es war ein schwierigen Spiel für den LASK, aber auch für das Schiedsrichtergespann. Der LASK hatte darin sowohl Glück im Spielverlauf als auch mit den Entscheidungen des Unparteiischen.

Jetzt aber Konzentration auf Horn!

Ein schönes Spiel wünscht euch,

Didem

Didem Bilgin