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157 lange Tage unfreiwillige Fußballpause. Als ich Anfang März dem Pappelstadion den Rücken zukehrte, konnte ich weder ahnen, dass dies der letzte Stadionbesuch für mehr als fünf Monate sein wird, noch, dass ich beim letzten Auftritt des SV Mattersburg vor Publikum dabei war. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich, so wie wir alle, einzig das nahende Highlight gegen Manchester United vor Augen. Zuerst den Inselkickern auf der Gugl Paroli bieten und dann die Auswärtsfahrt ins Old Trafford genießen, könnte schlechter sein, dachte ich.
Besagte 157 Tage später war es letztendlich wieder soweit mit dem Stadionerlebnis. Anstatt jedoch unseren Athletikern auf die Beine schauen zu dürfen, musste ich mit dem Spiel der Schwarz-Weißen aus Bregenz gegen die zweite Garnitur der Lustenauer Austria vorliebnehmen. Die Bregenzer, die nach dem Konkurs im Jahr 2005 neu gegründet wurden, schafften in den ersten beiden Jahren den Durchmarsch von der fünften Leistungsstufe bis in die Regionalliga. In den Folgejahren konnte man sich dort etablieren, bis man in den letzten Spielzeiten vermehrt in der viertklassigen Vorarlbergliga anzutreffen war. Trainiert wurden sie für eine Saison etwa von Ex-LASKler Michi Baur. Während man es also in der Landeshauptstadt nicht schaffte, Bundesligafußball anzubieten, etablierten sich die Altacher in der höchsten Leistungsklasse und damit auch als klare Nummer Eins im Ländle. Im Herbst 2019 verpasste SW Bregenz mit dem dritten Platz in der Vorrunde der neugegründeten, drittklassigen Eliteliga Vorarlberg das Play-off um den Aufstieg in die zweite Bundesliga. Dies spielte letztendlich jedoch aufgrund des Meisterschaftsabbruchs ohnehin keine Rolle.
In die neue Saison der Eliteliga konnte man nun mit vier Punkten aus den ersten zwei Spielen starten. Rund einen Monat bevor die Bundesliga mit Zuschauern beginnen soll, ging in dieser Liga also bereits die dritte Runde über die Bühne. Für dieses Spiel an einem Mittwochabend war es problemlos vor Ort ein Ticket zu ergattern. Nach dem Kauf wurde man weitergelotst zu einer Liste, in die man seine Kontaktdaten eintragen sollte. Im Anschluss daran konnte man einen Wunschsektor angeben, woraufhin man einen Papierschnipsel bekam, der einem den zugewiesenen Platz verriet. Es wurde vonseiten des Vereins weder eingetragen, wo jeder Einzelne sitzt, noch kontrolliert, ob jeder seine Daten gewissenhaft in die Kontaktliste einträgt. Eine lückenlose Nachverfolgung und Kontaktierung aller Personen im Falle eines positiven Coronafalles wäre demnach nicht möglich. Bei all diesen Vorgängen war zudem das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht vorgeschrieben. Die Mindestabstände, die durch die Bodenmarkierungen vorgegeben wurden, empfanden die anstehenden Besucher scheinbar meist nur als Empfehlungen. Auch nach dem Einlass konnte man sich ohne MNS frei bewegen. Dieser Punkt scheint sich stark von den Vorgaben, die für die Bundesliga gelten sollen, zu unterscheiden. Dort wird es nach aktuellem Stand erforderlich sein, durchgehend einen MNS zu tragen, außer man befindet sich auf seinem Sitzplatz.
Von den Spielern wurden die Mindestabstände größtenteils ebenfalls nicht konsequent eingehalten. Die Bregenzer kombinierten sich teilweise ganz gefällig durch die Abwehrreihen und hatten das Heft in der Hand. Die Lustenauer traten aggressiv und giftig auf, so wie es von einer jungen, zweiten Mannschaft zu erwarten ist, konnten sich aber keine ernstzunehmenden Chancen herausspielen. In der Halbzeitpause kam mit dem erfahrenen Bregenzer Mittelfeldakteur Sidinei de Oliveira (106 Spiele in der 2. Liga für FC und Austria Lustenau, 25 Tore/26 Assists) neuer Schwung in die Partie. Dies führte in der 48. Minute zum 1:0 durch einen Eckball. Im Laufe der zweiten Halbzeit konnten die Bregenzer ihre Überlegenheit in Tore ummünzen und erzielten durch einen Foulelfmeter und in Folge eines Eckballs zwei weitere Tore zum 3:0-Endstand. Die Bregenzer ließen sich, aufgefordert von der Stadionsprecherin, nach dem Spiel entsprechend feiern.
Nachdem ich vergangene Woche etwas verwundert Fotos aus Maxglan von einer gut gefüllten Stehplatztribüne gesehen hatte, war für mich der Besuch dieses Spiels ein interessanter Lokalaugenschein. Laut Liveticker waren an diesem Sommerabend rund 500 Zuseher anwesend. Einige Vorgaben des Vereins waren gut gemeint, aber meiner Meinung nicht konsequent zu Ende gedacht oder umgesetzt, vor allem was das Tragen eines MNS anbelangt. Auch die Verteilung der Sitzplätze war in den hinteren Reihen der Haupttribüne gefühlt nicht ganz glücklich und dadurch etwas beengend. Ich denke der Eindruck täuscht nicht, dass bei Spielen mit fehlender medialer Aufmerksamkeit die Vorgaben teilweise eher lasch umgesetzt werden. Nicht zu denken an den (berechtigten) Aufschrei, sollte dies bei einem Bundesligaspiel ähnlich vonstatten gehen und zu einem neuen Cluster führen.
Lorenz Nitsch