Wir starten eine neue Serie, in der wir die Geschichte der einst so beliebten Hallenturniere aufarbeiten wollen. Da es sie heutzutage im Profibereich praktisch nicht mehr gibt, sollen jene Turniere von damals nicht dem Vergessen anheimfallen, sondern ihren würdigen Platz in der Vereinsgeschichte unseres ASK erhalten.
Der heutige erste Artikel zum Thema erzählt unter anderem von einem Stern im LASK-Dress, der nur zwei Tage wirklich leuchtete, da aber so hell, dass er für einige Minuten sogar den Fixstern am schwarz-weißen Firmament, den großen Meister himself, Ivo Vastic, ersetzen konnte und den LASK zum Turniersieg schoss.
„Es hat sehr viel Spaß gemacht. Wir haben es genossen!“ (Ivica Vastic)
Zwei Feier-Tage in der Karriere des Richi Wemmer – 10 Jahre Sieg beim Salzburger Hallencup
„150“ – Groß prangte am Salzburger Hauptbahnhof diese Zahl auf der Countdown-Uhr zur Euro 2008 in Österreich und der Schweiz. 150 Tage trennten das Land nur noch vom größten Sportevent, das jemals in Österreich stattfinden sollte, der Fußball-Europameisterschaft. Während sonst in der Stadt noch kaum etwas auf das bevorstehende Großereignis hindeutete, hatte man sich in Salzburg entschlossen, erstmals ein größeres Hallenturnier auszutragen und damit vielleicht jene Lücke zu schließen, die die neuerliche Absage (nach 2006 jetzt auch 2008) des traditionsreichen Stadthallenturniers in Wien aufgerissen hatte.
Am 8. und 9. Januar 2008 trafen sich gleich vier Bundesligateams – Wacker Innsbruck, SCR Altach, SV Ried, LASK – zwei attraktive Salzburger Teams aus der Regionalliga West – SV Grödig und USK Anif – ein interessanter Regionalligist aus dem benachbarten Bayern – Wacker Burghausen – und als „Quasi-Hausherr“ die Salzburger Austria, die zweieinhalb Jahre nach der Trennung vom Red Bull – Klub gerade ihren ersten Aufstieg gefeiert hatte und auch in der 1. Klasse Nord bereits wieder auf Titelkurs war – zu einem Stelldichein in der 2003 eröffneten schmucken Salzburgarena.
Unser LASK startete mit der Teilnahme an diesem Turnier in sein großes „100 Jahre – Jubiläumsjahr“. Noch war alles eitel Wonne im schwarz-weißen Haus. Ein gutes halbes Jahr zuvor war man nach sechs Jahren Abstinenz in die Bundesliga zurückgekehrt, hatte dort eine hervorragende Hinrunde – Platz 5 – gespielt, „Dancing Karl“ Daxbacher war unumstrittener Trainer-Liebling und Ivo Vastic sowieso das Genie und der Größte überhaupt. Präsident Peter Michael Reichel sprach so weise Sätze wie: „Hallenfußball hat bei uns Tradition. Ich verstehe manche Klubs nicht, wie lieblos sie damit umgehen.“ „Das Wort Meistertitel nehme ich nicht in den Mund. Wir wollen Dritter oder Vierter werden.“ „2008 soll ein großes Jahr für den Klub werden. Real Madrid ist eine Überlegung wert. Ich wollte Real schon immer in Linz sehen.“ (Österreich, 8. Jänner 2008, 37)
Noch deutete nichts darauf hin, dass noch vor dem Jubiläumsspiel gegen Real Madrid – die Königlichen hat der Präsident tatsächlich nach Linz gebracht – sich die Spirale rasant nach unten drehen würde. Vertragsunklarheiten und Abgang Daxbachers zur Wiener Austria, sportlicher Rückschlag, häufige Trainerwechsel, finanzielle Turbulenzen, ein überforderter Präsident, Lizenzierungsnöte und und …
Doch in diesem Jänner 2008 war der LASK noch DIE Attraktion des Hallencups. Im Gegensatz etwa zum Innviertler Lokalrivalen trat der LASK mit Bestbesetzung an und machte von Beginn weg klar, dass er durchaus die Ambition hatte, dieses Turnier zu gewinnen.
Diese Entschlossenheit bekam am Eröffnungstag im vierten Spiel des Abends als erster Gegner USK Anif zu spüren. Dabei begann es für unsere Jungs gar nicht sonderlich gut. In Minute 3 geriet der Favorit zunächst in Rückstand und selbst auf den Ausgleich in der achten Spielminute durch unsere Neuerwerbung aus Gratkorn Richard Wemmer wusste der Regionalligist zu kontern und ging noch einmal in Führung. Doch dann machten unsere Burschen ernst. Wolfgang Klapf glich in der 11. Minute erneut aus und dann überrollte der LASK den Drittligisten: Torres – ein junger Argentinier – (2), Klapf und Vastic erzielten vier weitere Treffer zum letztlich doch ganz souveränen Auftaktsieg. Knapp eineinhalb Stunden später kam es zum großen Schlager der Vorrundengruppe B, LASK gegen SV Ried. Auch wenn es die Innviertler vorzogen, nicht in der stärksten Formation aufzulaufen und einige junge Akteure einzusetzen … who cares? Wer am Parkett steht, der spielt für seine Farben. Punkt. Die Rieder Farben vertrat auch eine nicht übertrieben große Gruppe von Fans. Aufgrund der geographischen Nähe zu Salzburg hätte man sich durchaus mehr vorstellen können. Die Spiele davor wurden von den beiden Anhängergruppen zu kleineren verbalen Scharmützeln gesanglicher Art genützt und eine – von beiden Seiten recht kleine – Gruppe suchte die eher körperliche Konfrontation, welche die Exekutive rasch zu unterbinden wusste und die Jungs aus der Halle bat.
Drinnen aber war die Stimmung bestens – allerdings nur auf Linzer Seite. Unter der herausragenden Regie von König Ivo dominierte der LASK Spiel und Gegner nach Belieben. Schon in der 2. Spielminute sorgte Christoph Saurer für die frühe Führung, die Wemmer kurz darauf ausbaute. Der zwischenzeitliche Anschlusstreffer motivierte nicht Schwarz-Grün, sondern Ivo, der sofort im Gegenzug den alten Abstand wiederherstellte. Auch das 4:1 erzielte der große und doch so bescheidene Star höchstselbst. In den Minuten 11 und 13 ließen wir die auch damals schon heiß geliebten Rieder kurz glauben, sie hätten eine Chance gegen uns … doch das war nur Spaß, Ernst machten wieder einmal unsere beiden Neuen, „Richi“ Wemmer und Mariano Nestor Torres, und stellten mit ihren Toren den deutlichen Derbysieg sicher. Mit zwei Siegen bei zwölf erzielten Toren konnte man Tag 1 beruhigt abschließen. Auch fanseitig verlief alles ruhig. Zu den Anhängern der Salzburger Austria, die aus jedem Spiel ihrer Jungs ein Höllenspektakel machten, bestanden zu jener Zeit ja noch eher freundschaftliche Bande und es kam auch zu dem einen oder anderen – tatsächlich gewollten, akzeptierten und freundlichen – Besuch in der jeweilig anderen Fangruppe. Selbiges war nicht zu erwarten von Salzburgern und Innsbruckern, die sich verbal nichts schuldig blieben. Ähnlich wie bei LASK und Ried gab es auch hier einige Ausreißer, die mehr Abenteuer suchten, aber wie bei den Oberösterreichern traf nur ganz wenige der Bannstrahl der Polizei.
Am zweiten Tag des Turniers – Schlusstag und Entscheidungstag – standen zunächst die ausstehenden Vorrundenspiele am Programm. Wieder mussten die LASK-Fans auf das vierte Spiel warten. Erst um 19.45 Uhr traten unsere Jungs gegen das von Heimo Pfeifenberger betreute Grödig an. Immerhin hatten so unsere Athletiker etwas mehr Erholungszeit, hatte doch Karl Daxbacher noch am Spieltag zwei Trainingseinheiten angesetzt. Dafür wurde er in den Medien mit dem für ihn seltenen Spitznamen „Karl Knallhart“ tituliert. Derweil mussten allerdings auch die nicht in Salzburg im Einsatz befindlichen Kaderspieler in Linz ins Vorbereitungsprogramm für das Frühjahr starten. Geleitet wurden diese Trainingseinheiten von zwei interessanten Männern: Wolfgang Wimmer, Tormanntrainer mit selbiger Tätigkeit beim LASK auch noch zehn Jahre später und Dominik Thalhammer, seinerzeit Sportkoordinator beim LASK, ein knappes Jahrzehnt später vielbestaunter Erfolgstrainer des österreichischen Frauen-Nationalteams, das an der EURO 2017 den historischen dritten Platz erreichte.
Knallhart verfuhr man auch mit den Absichten des SV Grödig, selbst anstelle von Schwarz-Weiß ins Endspiel einzuziehen. Schließlich hatte auch der Tabellenführer der Regionalliga West am Vortag seine beiden Spiele gewonnen. Weder das 0:1 gleich in der 1. Spielminute noch ein Spielstand von 2:2 nach nur 5 Minuten konnte unsere Mannen aus der Ruhe bringen. So in etwa kannten sie den Spielverlauf ja vom Vortag gegen Anif. Wolfgang Klapf und einmal mehr Richard Wemmer brachten die Athletiker endgültig auf die Siegerstraße. Zufrieden gab man sich erst als wieder die obligaten sechs Tore erzielt waren. Und der starke Torhüter Michael Zaglmayrr ließ sicherheitshalber auch keine weiteren Grödiger Treffer mehr zu.
Kreuzspiele als Halbfinali sparte sich der Veranstalter und so galt spätestens jetzt der aufmerksame Blick den Ergebnissen aus der Vorrundengruppe A. Austria Salzburgs Unterhaus-Amateure hatten dort tapfer gekämpft und sich zum Beispiel Innsbruck nur mit 2:3 geschlagen geben müssen, waren am Ende aber chancenlos und belegten Gruppenplatz 4. Der internationale Farbtupfer Wacker Burghausen war in allen Spielen in etwa gleichwertig, stand am Ende aber doch gegen Österreichs Bundesliga-Teams mit leeren Händen da. Den Finalplatz machten sich Innsbruck und Altach im direkten Duell aus. Die Vorarlberger, die ohne eigene Anhängerschaft vor Ort auskommen mussten, sicherte sich mit einem 3:1-Erfolg die Ehre, das Finale gegen den LASK verlieren zu dürfen.
Rund 150 Linzer Fans ließen die Platzierungsspiele der übrigen Teams über sich ergehen und diskutierten derweil die Chancen auf den Turniersieg. Klar war allen, dass mit Altach die größte Prüfung des Turniers vor der – allerdings breiten – Linzer Brust stand.
Um 22.00 Uhr abends betraten die beiden Mannschaften das Parkett. Weder Spieler noch Fans zeigten auch nur einen Funken Müdigkeit. Hellwach kombinierten die einen auf dem Parkett, sangesfreudig präsentierten sich die anderen auf den Rängen. Beide schwarz-weißen Parteien wurden einigermaßen auf die Folter gespannt. Diesmal waren es zwar unsere Männer, die in der 4. Minute in Führung gingen – Torschütze: welch‘ Überraschung – Richard Wemmer, doch dann wogte das Spiel hin und her. Keine der beiden Mannschaften konnte sich absetzen. Zweimal erfasste die lautstarken Linzer Anhänger noch das Grauen: In Minute 23 – bei einer Spieldauer von 25 Minuten – ging Altach mit 5:4 in Führung und Ivica Vastic wurde vom Schiedsrichter wegen eines angeblichen Ellenbogenchecks ausgeschlossen. Beide kritischen Situationen meisterten die Beinahe-Hundertjährigen mit Bravour. Noch in der selben Minute 23 erzielte Christoph Saurer den verdienten Ausgleich und die Rolle des Dirigenten und genialen Vollstreckers übernahm Richard Wemmer. Da das Spiel am Ende der 25 Minuten 5:5 unentschieden stand, musste eine Verlängerung die Entscheidung bringen. Diese sollte mit Golden Goal gespielt werden und der Zusatzregel, dass jede Minute ein Spieler beider Teams das Parkett verlassen musste. Diese Regel sorgte für immense Spannung auf der Tribüne. Auch in dieser Phase gaben Mannschaft und Fans alles. Als dann nur noch der Torhüter und zwei Spieler – beim LASK Zaglmayr, Panis und Wemmer – am Parkett standen – fiel die Entscheidung. Richi Wemmer gelang mit einem überlegten Gewaltschuss von rechts das Golden Goal. Ausgelassen feierte der Torschützenkönig dieses Hallencups seinen achten und wichtigsten Volltreffer. Nur Augenblicke nach seinem Tor war er auch schon von den Linzer Anhängern umringt und wurde mit lautstarken „Richi Wemmer“-Sprechchören gefeiert. Aber auch alle anderen Linzer Athletiker bekamen zu später Stunde ihren verdienten Applaus. Das Jubeljahr 2008 begann mit lautem Jubel über den ersten Titel des Jahres für unseren LASK.
Epilog: Die kühnen Hoffnungen für die nahe Zukunft, die dieser Sieg weckte, erfüllten sich letztendlich weder für den LASK als Mannschaft noch für Richard Wemmer.
Das Team landete – nach zwischenzeitlicher Bundesliga-Tabellenführung (!) – letztlich doch „nur“ auf Platz 6. Wemmer kam in der Frühjahrssaison nur zu einigen Kurzeinsätzen und verließ den ASK bereits im Sommer 2008 wieder in Richtung Salzburg wo er bei den damaligen RB Juniors anheuerte. Später trug er noch mit vielen Toren zum zweimaligen Aufstieg des neu gegründeten GAC / GAK im Amateurbereich der Steiermark bei, ehe er 2016 seine Karriere beendete. Wer in Salzburg 2008 dabei war, wird ihn jedoch immer als LASKler in Erinnerung haben. Einmal LASKler, immer LASKler.
Statistik
Salzburger Hallencup 2008
08.01. – 09.01.2008
LASK gegen:
USK Anif |
6:2 |
Klapf (2), Torres (2), Wemmer, Vastic |
SV Ried |
6:3 |
Wemmer (2), Vastic (2), Saurer, Torres |
SV Grödig |
6:2 |
Wemmer (2), Klapf (2), Panis, Mijatovic |
SCR Altach |
6:5 n.V. |
Wemmer (3), Panis, Vastic, Saurer |
4 Spiele – 4 Siege – 0 Remis – 0 Niederlagen – 24:12 Tore – Rang 1 (von 8)
Turniersieger: L A S K
Endstand:
1. LASK
2. SCR Altach
3. Wacker Innsbruck
4. SV Grödig
5. Wacker Burghausen
6. USK Anif
7. SV Ried
8. Austria Salzburg
Für den LASK holten den Cup:
Adi Rocha Sobrinho Filho, Hoheneder Niklas, Klapf Wolfgang, Mijatovic Mario, Panis Jürgen, Poyraz Ihsan, Rodriguez Matias, Saurer Christoph, Torres Mariano Nestor, Vastic Ivica, Wemmer Richard, Zaglmayr Michael; Trainer: Daxbacher Karl
Bilder:
1. Spieler und Fans in der Welle der Erleichterung nach dem Golden Goal
2. Den klaren Derbyerfolg schon vorausgesehen …
3. Ivo Vastic applaudiert den mitgereisten Fans
4. Der Autor dieser Zeilen zeigt an, wohin die Reise ging … nach oben bis zu Platz 1
5 Klapf, Wemmer, Torres, Zaglmayr, Vastic präsentieren den Pokal
6. Die treuen Fans lassen ihren LASK auch nicht an zwei Wochentagen in der Halle allein
7. Offizielles Siegerfoto, Salzburger Hallencup 2008
8. Hall od Fame“ … die Salzburgarena
9. Der Kämpfer macht auch als Techniker gute Figur: Jürgen Panis
10.. Eintrittskarten ins (Hallen-)Glück
11. Nur bewunderndes Staunen bleibt den Riedern … Wemmer und der LASK sind eine andere Liga
12. Wemmer und Saurer im Freudentaumel
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Quellen:
- Eigene Sammlung
- Eigene Fotos
- Tageszeitungen vom 9., 10. und 11. Jänner 2008: Oberösterreichische Nachrichten, Neue Kronen Zeitung, Neues Volksblatt, Österreich, Heute
- www.austriasoccer.at
- www.transfermarkt.at/richard-wemmer
Günther Waldhör