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22. July 2014
Blick ins Regelbuch: Warum musste der Freistoß von Dorta wiederholt werden?

In unseren neuen Kategorie “Nach meiner Pfeife” blickt Didem Bilgin auf strittige Schiedsrichterentscheidungen zurück. Bereits am Freitag gab es im Spiel gegen den Kapfenberger SV eine, für den Fußball-Laien, wenig nachvollziehbare Entscheidung. Wir haben deswegen einen Blick ins Regelbuch geworfen und Didem Bilgin erklärt euch, weshalb Dominik Ouschan in dieser Situation völlig richtig entschieden hat. 

Der LASK konnte sein Auftaktspiel gegen den KSV1919 mit 2:1 gewinnen. Dass der Sieg nicht höher ausgefallen ist, sorgt in einigen Kreisen für breite Diskussion. Grund dafür ist eine Situation aus der 43. Minute: Felipe Dorta tritt zum Freistoß für die Linzer an und knallt den Ball zwischen die Maschen – Das Tor zählt aber nicht, da Schiedsrichter Ouschan die Ausführung des Freistoßes unmittelbar vor dem Schuss von Dorta unterband – Manfred Gollner von Kapfenberg die Gelbe Karte zeigte und den Freistoß wiederholen ließ. Schon alleine der Umstand, dass diese Szene in keiner TV-Zusammenfassung zu sehen ist bzw. auch in den Interviews und der Pressekonferenz keine Rolle spielte, lässt vermuten, dass der Unparteiische mit seiner Entscheidung richtig gelegen ist.

Der Diskussionsbedarf unter den Fans zeigt dennoch, dass die Situation einer regeltechnischen Aufklärung bedarf. Deshalb wollen wir uns hier zu den häufig auftauchenden Fragen äußern und diese mit einem Blick ins Regelbuch der FIFA (Saison 14/15) versuchen zu beantworten:

Warum wurde der Freistoß wiederholt?

Die Wiederaufnahme des Spieles ist bei einem Freistoß vollzogen sobald der Ball korrekt ins Spiel gebracht wurde. Grundvoraussetzung dafür ist, dass die Ausführung des Freistoßes am Ort des Vergehens ausgeführt wurde, der Ball zuvor ruhig liegt und die Gegenspieler bis zu jenem Zeitpunkt bis der Ball im Spiel ist einen Abstand von 9,15 Meter einhalten. Der Ball ist wieder im Spiel sobald er mit dem Fuß berührt wurde und sich bewegt (Regel 13/Seite 41).

Im konkreten Fall heißt das: Nachdem Schiedsrichter Ouschan ein unsportliches Verhalten eines Verteidigers (KSV) im Strafraum wahrgenommen hat, unterbindet er die Ausführung des Freistoßes, verwarnt den Spieler und lässt im Anschluss den Freistoß ausführen. Es handelt sich auch nicht um eine Wiederholung des Freistoßes – die Ausführung wurde unterbunden und somit hat der Freistoß spieltechnisch nicht stattgefunden. Eine Verwarnung des Schützen bleibt in diesem Fall aus, da die Freistoßausführung bei der Unterbindung bereits im Gange war und so kein unsportliches Verhalten vorliegt.

Warum wurde nicht auf Strafstoß (Elfmeter) entschieden?

Auf Seite 44 des Regelbuches steht zur Regel 14 (Strafsoß) folgendes „Begeht ein Spieler bei laufendem Spiel eines der zehn Vergehen, die mit direktem Freistoss zu bestrafen sind, innerhalb des eigenen Strafraums, wird gegen das Team des fehlbaren Spielers ein Strafstoss ausgesprochen.”

Die Frage dürfte mit der fett hervorgehobenen Stelle beantwortet sein. Da der Ball zum Zeitpunkt des Vergehens noch nicht korrekt ins Spiel gebracht wurde (mit dem Fuß berührt und sich bewegt) ist das Spiel zum Zeitpunkt des regelwidrigen Verhaltens noch unterbrochen – da ein Strafstoß aber nur bei einem Vergehen im laufenden Spiel verhängt werden darf, ist die Entscheidung auf Strafstoß in diesem Fall unmöglich.

Warum hat der Schiedsrichter den Freistoß nicht ausführen lassen und den Spieler bei der nächsten Unterbrechung verwarnt?

Die Vorteilsregel ist dann anzuwenden, wenn für die angreifende Mannschaft, trotz eines regelwidrigen Verhaltens eines Gegenspielers, ein erfolgsversprechender Angriff möglich erscheint. Bei der Anwendung der Vorteilsregel verzichtet der Schiedsrichter auf die Unterbrechung des Spieles und lässt den Angriff weiterlaufen. Das so genannte Nachzeigen der Gelben Karte ist möglich, muss aber in der nächsten Spielunterbrechung erfolgen.

Im Falle des Freistoßes von Dorta bedeutet dies daher, dass es nicht möglich gewesen wäre auf Vorteil zu entscheiden und die Verwarnung bei der nächsten Unterbrechung auszusprechen – da die Anwendung der Vorteilsregel nur aus dem laufenden Spiel heraus möglich ist, und der Ball – wie bereits mehrfach erörtert – zum Zeitpunkt der Tat nicht im Spiel war.

Die Entscheidung von SR Ouschan war also richtig.

Das Unterbinden der Freistoßausführung und das Zeigen der Gelben Karte war nicht nur richtig, sondern auch alternativlos. Wie bereits erwähnt war es regeltechnisch nicht möglich auf Vorteil zu entscheiden oder Strafstoß zu geben. Hätte Ouschan den Freistoß ausführen lassen, hätte das unsportliche Verhalten des Kapfenberg-Spielers keine Konsequenzen gehabt. Man stelle sich vor, der Freistoß geht nicht ins Tor und direkt im Anschluss begeht der gleiche Spieler ein verwarnungswürdiges Vergehen. Dieser könnte nicht – wie es notwendig wäre – mit Gelb-Rot vom Platz gestellt werden, sondern käme mit einer Gelben Karte davon. In diesem Fall müsste man von einem Fehler des Schiedsrichters mit schwerwiegenden Folgen sprechen. So aber hat der Schiedsrichter aus Sicht des Regelwerkes absolut korrekt und richtig entschieden.

Didem Bilgin
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