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iceman265
17. July 2011
Das Derby

iceman265Am 31. Mai 1997, also vor knapp 14 Jahren, ging in Linz ein Stück Fußballtradition zu Ende. An diesem Tag fand das letzte große Linzer Derby zwischen unserem LASK und dem FC Linz statt. Es war die 74. Ausgabe. Im Sommer wurden dann die beiden Vereine zum Linzer „Großklub“ LASK Linz „fusioniert“. Es sollte alles besser, größer und erfolgreicher werden. Durch die Konzentration auf einem Klub sollte die Sponsorensuche weit einfacher und größere Budgets erzielt werden. (Kann man hier http://www.youtube.com/watch?v=ZQocc9O1Pc8&feature=related nachhören).

Nur war da wohl der Wunsch Vater des Gedanken. Denn außer ein paar Spielertransfers zum LASK und der Auflösung des FC Linz war gar nichts klar. Es gab nicht mal so wie heute einen Sportdirektor, der entscheiden konnte, welche Spieler übernommen werden. Dazu wurde nicht an die Jugendmannschaften gedacht – 150 Nachwuchsspieler waren auf einmal ohne Verein. Natürlich wurden wir Fans um ein Derby betrogen. Wer kann sich nicht erinnern, wie das damals vor Derbys war.

Mindestens eine Woche vorher stieg in einem schon das Kribbeln auf. In der Arbeit gab es beinahe kein anderes Thema mehr. Freilich wurde auch im Freundeskreis heftig darüber debattiert. Zwischen den beiden Fanlagern herrschte eine gesunde Rivalität, die aber nie ins Extreme ging. Natürlich gab es auf beiden Seiten auch erlebnisorientierte Fraktionen. Diese waren aber zum Glück in der Minderheit. Nachdem die Spiele zu Ende waren, konnte man in den nächsten Tagen darüber reden. Über Tore, Fouls, Schiedsrichterentscheidungen und ob es ein verdienter Sieg/eine unglückliche Niederlage für das jeweilige Team war. Klarerweise war man traurig, wenn die eigenen Farben verloren hatten, aber es blieb einem dann immer noch die Hoffnung auf das nächste Derby und dass dann wieder alles anders sein würde. Jeder von uns kann über diese Zeit zahlreiche Geschichten erzählen.

Denn ein paar Verantwortliche, die der blau weißen Fangemeinde ein neues Zuhause geben wollten, gründeten den „FC Blau Weiß Linz“ als Nachfolgeverein der Werksmannschaft von „Austria Tabak“. Man begann damit gleich in der Landesliga und konnte sich so den langen Weg über die unteren Klassen ersparen. Nun 14 Jahre nach der Gründung spielt dieser Verein nun erstmals wieder in einer Österreichischen Profiliga. Da wir ja aus bekannten Gründen abgestiegen sind, haben wir in der heurigen Saison vier Duelle mit dem Lokalrivalen. Ein Umstand, der die Blau Weißen wohl mehr freut als uns, aber wir werden uns damit anfreunden müssen.

Ich kann ehrlich gesagt im Moment damit ganz gut leben. Wie schon vorher erwähnt hat jeder von uns im Freundeskreis zahlreiche Fans des Lokalrivalen. Es wird vor und nach dem Derby wieder zu den schon fast vergessenen „Häkeleien“ zwischen uns allen kommen. So etwas ist mir in der Bundesliga schon abgegangen. Weil die Spiele gegen Ried waren mir persönlich eher scheißegal und keine wirklichen Derbies. Unsere Seite soll ja eine Seite von Fans für Fans sein. Deswegen sind wir auch dafür, dass Fans von anderen Vereinen ihre Meinung zu den Spielen kundtun dürfen. Jeder ist herzlich dazu eingeladen, etwas zu schreiben – wir freuen uns.

Der erste Fan, der sich äußern wird, ist einer meiner besten Freunde. Er ist seit Ewigkeiten schon ein Fan der Blau Weißen. Vielen von euch ist er sicher aus einem Forum bekannt, wo er unter dem Namen „Fezza“ schreibt. Er wird im Anschluss seine Sicht der Dinge darlegen. Ich freue mich, dass er sich dafür die Zeit genommen hat. Es soll ein Zeichen sein, dass wir zwar alle zuerst Fans unserer Vereine sind – aber auch Fußballfans im Allgemeinen. Als diese lehnen wir jede Art von Hass und Gewalt ab. Eine gesunde Rivalität muss bei Lokalrivalen schon sein, aber nur mit Worten und nicht mit Fäusten. So und nun halt ich schon meine Klappe und übergebe an Herrn Fezza.


„Bist du a Laskla oda a Vöestla?“ – das war in meiner Kindheit oft eine der entscheidendsten Fragen, wenn es darum ging, sein Team für das nächste Kickerl im „Hof“ oder im Turnunterricht zusammenzustellen. Da spielte es dann letzten Endes keine Rolle, ob der Typ einen geraden Pass spielen konnte oder nicht – letzten Endes wollte man doch wissen, wen man in seinen Reihen hat. Auch wenn man dann ab und zu eine derbe Packung kassierte – nach dem Spiel konnte man immer noch mit stolzer Brust sagen, dass die „Großen“ beim letzten Derby eh gezeigt haben wo‘s lang geht…

„Derby“ – das ist und bleibt in meiner Erinnerung immer DAS Spiel, das es zu gewinnen galt. Um Meistertitel oder Europacupplätze konnten beide Clubs ohnehin nicht mitspielen. Und wenn man schon absteigen oder in das damals noch existente Abstiegs-Playoff musste, dann wollte man sich doch wenigstens vorher mit einem Sieg vom Lokal-Rivalen verabschieden.
Bereits Wochen vor einem Derby begannen dann in der Schule die Sticheleien zwischen den Fronten. Die Leistungen der beiden Teams wurden Runde für Runde durchanalysiert und mögliche Taktiken für das Linzer Fußball-Duell ausdiskutiert. Auch die Lehrer beteiligten sich oftmals an diesem Vorgeplänkel – was manchen von ihnen zumindest für ein paar Momente durchaus Sympathiepunkte einbrachte.

Am Spieltag selbst fuhr man dann oft gemeinsam zum Stadion, trank bei der Stadionkantine noch ein Bier und ging dann in die jeweiligen Fan-Sektoren. Nach dem Spiel traf man sich dann auf dem Weg in die Altstadt oder – was auch oft der Fall war – auf den Weg auf den Urfahraner Jahrmarkt wieder. Meistens war einer guter Laune, während der andere wusste, dass er jetzt wochenlang das Häkerl hat. Zumindest bis zum nächsten Derby.

So hätte es ewig weitergehen können. Doch beim FC Linz war damals ein bekennender Kapperl-Träger aus der Vorstadt als Präsident engagiert. Dass dieser später als Sargnagel für so manchen Fußballverein Karriere machen würde, war damals (leider) noch nicht bekannt. So kam es, dass dieser dem damaligen LASK-Präsidenten Rieger ein verlockendes Angebot unterbreitete. Eine Fusion mit dem Lokalrivalen ohne die eigene Identität zu verlieren – also ein Schlucken des Konkurrenten um Publikumsgunst, Sponsoren und Fördergelder plus Einverleibung der Spieler und des Nachwuchses. Da konnte man ja fast nicht nein sagen. Da sich auch die Politik und die Medien von dieser Idee mehr als begeistern ließen, war es schnell beschlossene Sache. Somit war der FC Linz liquidiert und der LASK um ein Linz im Namen und einen Verein reicher.

Doch die Rechnung wurde wie so oft ohne den Wirt gemacht. Grad (FC Linz-Präsident, Anm. d. R.) besaß Transferrechte an vielen Spielern, wodurch beim Verkauf selbiger der LASK nur wenig Geld sah. Hinzu kam, dass viele Verträge ohnehin ausliefen und nicht verlängert wurden. So landeten letzten Endes nur eine Handvoll Spieler beim neuen „Großklub“. Auch der große Nachwuchs stellte sich als Problem heraus. Denn schließlich konnte man nach Fusion nicht plötzlich 20 Jungs auflaufen lassen und so verließen viele den Verein – die meisten in die Vorstadt zu einem gewissen ASKÖ Pasching, bei dem sich mittlerweile vorab genannter Kapperl-Träger als Präsident eingenistet hatte. Dieser hatte aber nicht nur die Nachwuchsspieler, sondern auch gleich Teile der Büroausstattung und die Trainingsausrüstung des FC Linz mitgenommen. So stand der LASK letzten Endes mit nicht viel mehr da als vorher und die Stadt Linz war um einen Klub, ein Stadt-Derby und ein Stück Geschichte ärmer.

Der Spielplan wollte es dann aber so, dass es am 31. Mai 1997 noch einmal zu einem Linzer Derby kommen sollte. Eigentlich sollte ich mich rückwirkend an dieses Datum aus einem ganz anderen Grund erinnern können, stand doch meine mündliche Matura auf dem Programm. Doch während ich mich an keine einzige Frage erinnern kann, wird mir das letzte Derby ewig in Erinnerung bleiben. Angefangen vom ersten Bier in der Drehscheibe, über die letzten Tore, den minutenlangen Ovationen nach Spielende bis hin zu den Bieren mit unseren Kickern im Lucky Valley. Und so hatte ich innerlich mit dem Kapitel „blau-weißem Linzer Fußball“ abgeschlossen.

Doch während sich auf der Maturareise in mir der gesamte Lernstoff erfolgreich in diversen Getränken auflöste, bastelte man in Linz unter der Führung von Hermann Schellmann an einer neuen Heimat für die blau-weiße Fangemeinde. Schnell wurde mit dem SV Austria Tabak ein geeigneter Partner gefunden und so wurde im Herbst 1997 der FC Blau-Weiß Linz ins Leben gerufen – und diesem Ruf folgten viele gestrandete Vöest-Fans.

Sicher war am Anfang die Verbindung zum neuen Verein noch klein und eine richtige Identifikation mit Spielern und Vereinsführung nicht gegeben, doch schnell wurde uns klar, dass hier der blau-weiß Geist weitergelebt wird. Denn was macht letzten Endes einen Verein wirklich aus? Sind es die austauschbaren Trainer und Spieler? Die Vereinsfunktionäre, denen das eigene Wohl oft wichtiger ist als das des Vereins? Jahreszahlen auf einem Auszug des Vereinsregisters? Oder sind es nicht doch die zahlreichen Fans, die jahrelang Woche für Woche zu den Spielen pilgern, um ihren Verein zu unterstützen und selbst bei noch so schlechten Leistungen und noch schlechteren Zeiten immer noch hinter dem Verein stehen?

Uns kümmert es wenig, ob jeder verstehen kann, dass wir uns da quasi einen „anderen“ Verein gesucht haben. Für uns ist und bleibt es „unser“ Verein. Aber keine Sorge, wir wissen sehr wohl wer wir sind und woher wir kommen. Zu unserer langen Geschichte ist jetzt einfach ein neuer Abschnitt hinzugekommen, zu dem auch die Austria Tabak zählt. Wer ab und zu im Donaupark vorbeischaut (bzw. mittlerweile ja vorbeigeschaut hat) wird auch des Öfteren einen „Tschickbude“-Gesang durchs Stadion klingen hören.

Nachdem wir also unsere neue fußballerische Heimat gefunden hatten, ging uns allen ein Gedanke, ein Wunsch, ein Ziel nicht aus dem Kopf: Wieder ein Derby gegen den LASK zu spielen. Im Cup wurde uns das bereits erfüllt. Doch nun trifft man sich endlich wieder gleichgestellt – in einer Liga – und das gleich viermal (davon dreimal zu besch…eidenen Montags-/Dienstags-Terminen – während für gewisse Wiener Vereine sogar Runden verschoben werden).

Ich freue mich auf jeden Fall schon auf die Vorgeplänkel mit meinen Freunden, die Stimmung im Stadion, das Auflaufen der Spieler, das Mitfiebern bei jeder Spielaktion, das Duell auf den Rängen … es ist einfach wieder Derbyzeit …

Seit1908
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