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April 2020: Die Corona-Pandemie hat die Welt fest im Griff. Während in vielen Ländern durch den Zusammenbruch des Gesundheitssystems hunderte Tote pro Tag zu beklagen sind, ist in Österreich, dank eines Gesundheitssystems, das derzeit noch nicht komplett zu Tode gespart wurde und eines frühzeitigen Eingreifens der Regierung, die Lage noch nicht eskaliert. Trotzdem ist an ein normales Leben nicht zu denken.
Dass es in Zeiten wie diesen weitaus wichtigere Themen als die schönste Nebensache der Welt gibt, ist wohl jedem bewusst. Sollte man meinen. Doch viele Fußballfunktionäre quer über den Kontinent sind hier anderer Meinung. Schnellstmöglich soll die Saison wieder aufgenommen werden, teils soll dies mit grotesken Methoden bewerkstelligt werden: In England wurde laut über die Idee nachgedacht, die Saison doch in China fertig zuspielen. In Deutschland, wo die medizinischen Labore an den Grenzen ihrer Kapazität arbeiten, will man jeden Bundesliga-Spieler alle 3 Tage testen lassen. In Italien, wo das Militär die Leichen aus den Städten transportieren muss, wird über eine baldige Wiederaufnahme der Saison diskutiert. Über die Absurdität dieser Szenarien muss man nicht weiter diskutieren. Der Tenor der Befürworter dieser Vorschläge ist länderübergreifend derselbe: Man muss die Saison schnellstmöglich wieder aufnehmen, ansonsten wäre der Fußball in Gefahr.
Aber wäre er das tatsächlich? Natürlich nicht. Der Fußball wird auch nach Corona noch existieren und Millionen Menschen begeistern. Einzig das derzeitige, ständig nach maximalen Wachstum und maximaler Kommerzialisierung strebende Wirtschaftsmodell des Fußballs, das den Befürwortern dieser Maßnahmen die sowieso schon übervollen Taschen füllt, wäre in Gefahr. Dass dieses System keinerlei Nachhaltigkeit besitzt und nur die Branchenriesen reich macht, zeigt die derzeitige Situation in Deutschland: Von den 36 Vereinen der ersten beiden Ligen droht 13 bereits nach einem Monat Spielpause die Insolvenz.
Der Fussball wird also nicht sterben, eher werden die Vereine darüber nachdenken müssen, ob die derzeitige Form die richtige ist. Der Fussball wird nicht unattraktiver für die Fans werden, wenn ein Ronaldo nur noch 2 Millionen im Jahr verdient, ein Neymar nur noch 20 Millionen Ablöse kostet und Vereine nicht mehr von Investoren geführt werden, die in ihnen nur eine Rendite-abwerfende-Geldmaschine sehen und denen der Sport an sich scheißegal ist. Die Branche Fussball hat sich in diesen Zeiten wohl dem letzten Idealisten und Romantiker demaskiert und gezeigt, dass das Finanzielle sehr, sehr weit über dem Sportlichen steht. Es ist zu hoffen, dass Corona dies aufzeigt und ein Umdenken stattfindet.
In Österreich wurde man bezüglich absurder Maßnahme zur Erhaltung des Spielbetriebs bis jetzt noch weitestgehend verschont aber auch bei uns mehren sich die offiziellen Stimmen, die Geisterspiele und flächendeckende Tests vor den Spielen fordern. Wie sehr der Fußball von den Fans im Stadion lebt, hat das Geisterspiel gegen Manchester United gezeigt. Jegliche Leidenschaft und Emotionen haben bei diesem Spiel gefehlt, das kann nicht im Sinne des Sports sein. Die Saison nun mittels Geisterspiele zwanghaft durchdrücken zu wollen ebenfalls nicht. Ein Meistertitel, den der LASK eventuell nach 10 Geisterspielen erringt, würde bei mir wohl keine große Freude hervorrufen und in Zeiten wie diesen eher deplatziert wirken.