News

7. December 2010
Die Sache mit Boca – ein Synonym

Als ich im Frühjahr 2008 dem Geschäftsführer der Profi-Abteiling der Boca Juniors, Jorge Clemente, zum Interview gegenüber saß, wollte ich wissen, warum eine derart renommierte Institution, die weltweit Spieler für Millionenbeträge verkauft, gerade mit dem LASK aus Linz eine Kooperation eingeht. Boca verkaufte in den letzten Jahren immerhin Spieler wie Fernando Gago (Real Madrid), Ever Banega (Valencia), Jesús Dátolo (Napoli) oder Rodrigo Palacio (FC Genua) – um nur einige zu nennen. Warum macht so ein Verein eine Kooperation mit einem österreichischen Klub?

 

 

„Über den Stadtchef Mauricio Macri wurde mir die Bitte zugetrage, die Leute des LASK zu empfangen und nach Möglichkeit ihren Wünschen zu entsprechen“, gab Clemente zu Protokoll. Den LASK habe er vorher nicht gekannt, gab er auf mein Nachfragen zu verstehen. Georg Starhemberg, der einen landwirtschaftlichen Betrieb in Argentinien hat, schaffte es über seinen dortigen Strukturen Zugang zu einem der größten Klubs der Welt zu erhalten. Macri war lange Jahre erfolgreicher Boca-Präsident und ist nun Bürgermeister von Buenos Aires. Der LASK-Ehrenpräsident schaffte es sich Zugang zu dieser Fußball-Institution zu verschaffen.

Um die derzeitige Misere der Athletiker besser verstehen, lohnt es sich die damaligen Ereignisse nochmals aufzurollen: Drei Spieler aus dem Reserve-Team der Boca Juniors kamen in der Winterpause der Saison 2007/08 nach Linz. Mariano Torres, Matías Rodríguez und Luis Ibañez. Letzterer wurde nach einem Probetraining wieder heim geschickt. Die beiden anderen spielten eine Halb-Saison beim LASK und brachte es auf wenige Einsatzminuten. Für die betroffenen Spieler und den Club Boca Juniors kein sonderliches Problem. Der vom LASK schon vorab aussortierte Ibañez wurde kurze Zeit später von Dinamo Zagreb um 1 Million Dollar gekauft, ist dort Stammspieler und mittlerweile regelmässiger Gast in der Europaleague. Der LASK wollte ihn gratis, auf Basis eines Leihgeschäfts mit der Option bei einem Weiterverkauf mitzuverdienen, nicht haben. Rodríguez, der beim LASK 28 Minuten spielen durfte, wechselte nach seinem Abgang aus Linz zum uruguayischen Traditionsklub Nacional und schaffte es 2009 als Stammspieler bis ins Semifinale der Copa Libertadores (dem lateinamerikanischen Pendant zur Champions League). Dass der Schauplatz seiner Heimspiele nicht mehr die Gugl sondern das Estadio Centenario, Schauplatz des allerersten WM-Finales, war, dürfte ihn all zu sehr belastet haben. Derzeit ist er Stammspieler beim chilenischen Traditionsklub Universidad de Chile. Die Beiden spielen auf der rechten bzw. linken Außenbahn und sind vom Typus her Fußballer, die der LASK derzeit bitter notwendig hätte.

Warum ich das an dieser Stelle so ausführlich erläutere? Es war wieder einmal eine perfekte Vorlage von Georg Starhemberg, die nicht verwertet wurde. Seine Bemühungen um den LASK wurden, nicht das erste Mal, mit Füßen getreten. Die gescheiterte Kooperation mit Boca verdeutlicht sehr gut die organisatorischen Unzulänglichkeiten der LASK Führung rund um Peter-Michael Reichel. Anstatt sich einer ordentlichen Klubführung zu widmen, jammert er, vom wirtschaftlichen Potential her nicht in der Lage zu sein, in der obersten Liga mituzuspielen. Es geht hier nicht darum, zu beklagen, dass zwei talentierte Argentinier dem LASK nicht zur Verfügung stehen. Es geht um vergebene Chancen, um die Armut an Kommunikation und Strukturen im Verein und schlichtweg Inkompentenz, die uns am Abgrund stehen lassen.

 

Seit1908
Tags: