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21. November 2015
Fußballarena Zentralraum: Ein zweischneidiges Schwert

Vor einigen Wochen brannte also wieder die Stadiondiskussion in Linz neu auf, da die OÖVP und FPÖ im Arbeitsübereinkommen folgendes definiert haben (auf Seite 44): „Infrastruktur für den Spitzensport (strategischer Sportstättenplan): Fußballarena Zentralraum“. Ansonsten wird allerdings der LASK oder Fußball mit keinem einzigen Wort im 47-seitigen Werk erwähnt. In den folgenden Tagen bestätigt Strugl (Sportlandesrat) die Pläne in diversen Interviews (OÖ-Nachrichten, ORF, Laola1). Im Arbeitsübereinkommen wird übrigens ein Zeitraum von bis 2025 erwähnt. Konkrete Hinweise findet man also nicht in diesem Papier, es könnte theoretisch auch ein neues Donaupark-Stadion gemeint sein. Zu Beginn möchte ich noch sagen, dass ich absichtlich NICHT auf die Vergangenheit samt Gugl-Umbau eingehen werde (da man dieses sowieso nicht mehr ändern kann).

In den nächsten Tagen und Wochen hat mich dieses Thema als langjähriger LASK-Fan natürlich sehr beschäftigt, und es haben sich viele Gedanken und Möglichkeiten in meinem Kopf gesammelt. Von den neuen Möglichkeiten die ein neues Stadion mit sich bringen würde, bis hin zu einem Kindheitstraum, der sich mit einem eigenen LASK-Stadion und entsprechendem Fansektor hinter dem Tor, realisieren würde. Man würde wieder in der Bundesliga spielen, vielleicht sogar in der Europa-League, und es würden wieder regelmäßig 10.000 oder mehr Zuseher ins neue Linzer Stadion strömen. Der Verein hat neue finanzielle Möglichkeiten mit den Mehreinnahmen aus Sky-Boxen, VIP, Stadionvermarktung, Gastronomieeinnahmen und vielen mehr. All diese Vorteile lassen sich nicht von der Hand weisen, allerdings muss man ein solch enormes Projekt (25-35 Millionen) auch rechtfertigen, und hinterfragen.

Wenn ich meine Träume beendet habe, und wieder in der Gegenwart angelangt bin, über die letzten Spiele nachdenke: In Pasching vor 2.700 Leuten, oder auf der Gugl vor selten mehr als 4.000 Zusehern. Natürlich gibt es immer wieder Ausreißer nach oben (wie zum Beispiel Relegation gegen Parndorf oder Austria Salzburg). Aber rechtfertigen 1-2 Spiele pro Jahr solch eine Investition, oder eben meine Träumerei, es fehlt mir irgendwie der Glaube daran, dass wir innerhalb der nächsten 5 Jahre unseren Zuschauerschnitt verdoppeln oder mehr (es wird eine Kapazität von ca. 15.000 Zusehern angepeilt). Sollten wir zuerst nicht die Hausaufgaben erfüllen, und 3-4 Jahre gefestigt in der Bundesliga spielen, und dort einen Schnitt von ca. 8.000 Zusehern haben? Danach kann der Anspruch auf ein eigenes Stadion gestellt werden (wie es derzeit Leo Windtner und das Nationalteam macht). Oder ist diese Herausforderung (Bundesliga) mit den aktuellen Rahmenbedingungen nicht möglich? Ein Blick nach Wolfsberg, Grödig, Wr. Neustadt belehrt mich eines besseren, es sollte meiner Meinung nach möglich sein einige Jahre im Mittelfeld der Bundesliga zu spielen (mit den momentan vorhandenen Rahmenbedingungen).

Auch ein Blick nach Innsbruck oder Klagenfurt zeigt, ein Stadion ist kein Allheilmittel, und garantiert keinen sportlichen Erfolg. Der Sport ist einfach viel zu kurzlebig, und keiner kann garantieren, dass zum Beispiel in 3 Jahren die Freunde des LASK’s noch am Ruder sind. Die Gegebenheiten können schon wieder ganz anders sein – wir könnten natürlich auch Europa League spielen. An dieser Stelle muss ich (leider) äußern, dass denke ich die Gugl bzw. Pasching einfach für unsere derzeitige sportliche Situation vollkommen ausreichend ist, und für österreichische-2-Liga-Verhältnisse sicher adäquat ist. Dazu muss man nur nach Lustenau, Wr. Neustadt, Kapfenberg oder Salzburg (Austria) blicken.

Zweifelsohne stellt sich bei einem Stadionprojekt, immer die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, und wie man solch ein Projekt gegenüber der Gesellschaft (den Steuerzahlern) rechtfertigen kann. Die „Stadionbefürworter“ führen oftmals das Argument an, dass Linz in letzter Zeit Millionen für die Kultur(Lentos, Musik-Uni, …) ausgegeben hat. Dies kann natürlich nicht von der Hand gewiesen werden, aber deshalb ist der Umkehrschluss für mich nicht zulässig. Nur weil ich ein Haus kaufe, muss ich mir nicht auch gleich ein Auto kaufen. Natürlich ist Fußball in Linz und Österreich Sportart Nummer 1 oder 2, und sind extrem viele Personen in Vereinen und Jugendmannschaften tätig, und wird dort extrem wertvolle Arbeit geleistet. Wäre dieses Geld nicht dort direkt besser aufgehoben? Weiters kann es aus meiner Sicht nicht sein, dass in Linz Flüchtlinge auf der Straße schlafen, weil die Stadt/Land nicht genug Flüchtlingsquartiere auftreiben/bezahlen kann. Auf der anderen Seite wird ein Stadion um 20 Millionen gebaut? Hier passt meiner Meinung nach die Wertigkeit nicht, da steht auch für mich Menschlichkeit vor freizeitlichen Amüsement (was Fußball nun auch ist, wenn es auch sicher ein sehr, sehr wichtiger Teil in meinem Leben ist).

Abschließend muss jeder für sich die Vor- und Nachteile abwiegen, und dann entscheiden, was als sinnvoller erscheint. Ich habe diesen Blog geschrieben, ohne weitere Details wie die mögliche Finanzierung, Standort, Kapazität oder ähnliches zu kennen – ich har mir hier eher die Grundsatzfrage gestellt. Ich persönlich bin froh, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss. Wie gesagt, bin ich hier sehr zerrissen, natürlich will ich den geilsten Klub der Welt in einem modernen, zeitgemäßen Stadion sehen. Hier ist einfach die Politik gefordert, diesen schwierigen Balanceakt zu schaffen, und eine für alle Seiten vertretbare Lösung zu finden!

Geschrieben von Harald Holzmann (dieser Text wurde als Blog/Gastkommentar veröffentlicht, und ist nicht zwingend die Meinung des Redaktionsteam bzw. von seit1908)

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