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15. May 2020
Grausiger Giftcocktail: Enttäuschung, Wut, Angst

Heute Morgen beim Aufstehen fühlte ich mich wie ein geprügelter Boxer. Meine schlechte Laune und meine destruktive Stimmung, war für niemanden zu übersehen, jedoch war ich mir selbst nicht im Klaren, ob ich mich für etwas schuldig fühle, dass ich nicht getan habe, oder ob ich mich durch Menschen, die mir emotional nahe stehen, betrogen fühle.

Etwas später sollten sich die Nebel lichten, denn als ich auf dem Weg zur Arbeit war und ich  an der Bahnhaltestelle meine Schutzmaske vor Nase und Mund zog, fühlte ich mich beschämt. Es ist eine weiße Stoffmaske mit schwarzen Streifen: mit dem LASK-Logo und dem Aufdruck: #Gemeinsam gegen Corona.

Angesichts dessen was gestern ans Tageslicht kam ist das Tragen dieser Maske ein Hohn. Da ich keine andere Maske griffbereit hatte, blieb mir aber nichts anderes übrig. Ich beschloss in diesem Moment übrigens auch, sie schnellstmöglich  gegen eine andere zu tauschen.

Während der Zugfahrt blieb auch etwas Zeit um die eigene Gefühlslage zu hinterfragen und ich kam zu dem Schluss, dass ein Giftcocktail aus drei Emotionen, wovon jede für sich schon kein guter Wegbegleiter ist, dafür verantwortlich ist: Enttäuschung, Wut und Angst.

Enttäuschung: Als gestern Nachmittag die Nachricht kam, dass der LASK unerlaubter Weise bereits mindestens ein Mannschaftstraining abgehalten hatte, glaubte ich zuerst an eine Falschmeldung. Die Indizien verhärteten sich schnell und der Umstand, dass der LASK lange nicht reagierte und die späte Reaktion kein Dementi war, ließen eigentlich keine Zweifel mehr zu.
Nachdem dem LASK noch vor wenigen Jahren das Wasser bis zum Hals gestanden und nur dank einer engagierten, visionären und finanzkräftigen Gruppe gerettet worden war, sollte man doch davon ausgehen, dass die in der Vereinsgeschichte einmaligen Errungenschaften der letzten Jahre nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt würden. Ich war mir sicher, dass es sich bei der LASK-Führung um eine bodenständige, erdige und hemdsärmelige Truppe handelt, dienicht s anderes im Sinn hat, als den Erfolgsweg weiterzuführen und für den Verein eine sichere, rosige Zukunft anstrebt. Aber: Anscheinend hat sie mit dem nächsten großen Ziel vor Augen, den Boden unter den Füßen verloren und einen schwerwiegenden Fehler begangen hat. Die Konsequenzen daraus könnten im schlimmsten Fall die ganze Aufbauarbeit der letzten Jahre wieder zunichte machen. Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt, doch alleine der Umstand, dass es so sein könnte, bereitet mir dennoch immensen Kummer.

Wut: Dieser Kummer wurde gestern aber durch eine andere Emotion überlappt. Die Wut darüber, wie man mit diesem Fehler umgeht. Die Presseaussendung über den Einbruch ins Stadion und der Vorwurf der Wirtschaftsspionage mit der man der Meldung über das unerlaubte Training zuvorkommen wollte, ist der völlig falsche Umgang mit dieser Situation. Den eigenen Fehler damit kaschieren zu wollen, indem man darauf verweist, dass dieser ohne die Fehler von jemanden anderen nicht aufgeflogen wäre, ist nicht zu akzeptieren. Entweder es fehlt an Einsicht oder man will andere für dumm verkaufen. Beides macht mich zornig. Bis jetzt gibt es seitens des Vereins kein Wort der Reue oder die Bitte, dieses Verhalten zu entschuldigen. Niemand ist frei von Fehlern, aber spätestens wenn einer offensichtlich wird, sollte man doch die Größe haben, diesen einzugestehen und dafür um Entschuldigung zu bitten. Es macht den eigentlichen Fehler zwar nicht besser machen, aber mit Übernahme der Verantwortung durch die handelnden Personen, würde man der kollektiven Schuldzuweisung des gesamten Vereins, dem ich mich als Fan zugehörig fühle, entgegentreten. Zudem wird der Umgang mit dem Fehlverhalten auch Einfluss auf das Strafmaß nehmen.

Angst: Dahinter schlummert noch eine dritte, nicht unwesentliche Komponente: Angst. Die Erinnerungen an das Jahr 2012 mit dem Lizenzentzug haben sich in meinem Kopf tief eingeprägt. Die Konsequenzen waren schlimm und hätten den Verein vom Rande des Ruins beinahe einen Schritt weiter geführt. Wäre da nicht im letzten Moment diese Gruppe aufgetaucht, die den LASK rettete. Ja, jene Gruppe, von der ich im Moment so enttäuscht bin. Ein zweites Mal will ich so etwas nicht erleben und ich bin mir auch sicher, dass der Verein die Rückstufung in den Amateurstatus kein zweites Mal überleben würde. Ich finde zwar genügend Argumente dafür, dass diese äußerste Maßnahme nicht ergriffen wird und rede mir damit ein, dass es soweit nicht kommen wird. Das Restrisiko reicht allerdings zum ängstlichen Gedanken, dass mir ein Untergang 2014 lieber gewesen wäre, als so etwas ein weiteres Mal mitmachen zu müssen.

Glaubwürdigkeit und Kredit verspielt

Zwischenzeitlich hatte ich den Zielbahnhof erreicht und machte mich auf dem Weg ins Büro. Beim Betreten des Gebäudes kam meine Schutzmaske ein weiteres Mal zum Einsatz. Im Spiegelbild der Glastüre sehe ich erneut den Spruch auf der Maske und mir wurde klar:

Wer mit einem solchen Slogan wirbt und dann mutwillig die Regeln missachtet, hat seine Glaubwürdigkeit verspielt. Zumindest bei mir hat die Führungsriege des Vereins ihren erarbeiteten Kredit verspielt. Es wird viel Zeit und Arbeit brauchen um das Vertrauen wiederherstellen zu können. Dass es Konsequenzen geben muss, ist für mich klar. Sowohl was die Verwaltungsübertretung betrifft, als auch auf Ebene des Verbandes.

Die jeweiligen Strafrahmen sind bekannt und ich bin froh darüber, dies nicht entscheiden zu müssen bzw. zu dürfen. Emotionen sind nämlich kein guter Ratgeber, wenn es um rationale Entscheidungen geht. Dafür gibt es die nötigen Institutionen die sich die Faktenlage ansehen und danach angemessen entscheiden werden. Im Zweifelsfalle gibt es die Möglichkeit per Rechtsmittel den Instanzenzug in Anspruch zu nehmen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sämtliche Entscheidungen wohlüberlegt sein werden und es nicht zu leichtfertigen Urteilen kommen wird, denn diese wären bloß den erhitzten Gemütern der öffentlichen Debatte geschuldet.

Zu dieser möchte ich dennoch auch etwas loswerden. Für die Entrüstung der anderen Vereine habe ich Verständnis, war es doch in den letzten Wochen ihr vordergründiges Anliegen, dass der Spielbetrieb schnellstmöglich wiederaufgenommen wird und die Saison zu Ende gespielt werden kann. Dass die Missachtungen des vereinbarten Vorgehens, dieses Anliegen konterkariert, ist unbestritten. Diesen Vorwurf muss sich der LASK genauso gefallen lassen, wie jenen der mangelnden Solidarität.

Argumente der Konkurrenz sind übertrieben

Das Argument, dass der LASK mit seiner nicht erlaubten Trainingseinheit auch die Gesundheit der Spieler anderer Vereine gefährdet hätte, ist aber an den Haaren herbeigezogen. Mit heutigem Tage ist das Mannschaftstraining erlaubt, die erste Begegnung findet in 19 Tagen statt. Die Gesundheitsgefährdung der Spieler, die am 3. Juni am Platz stehen ist durch die ab heute folgenden 19 Trainingstage gleich groß, wie es ohne die bisherigen Trainings des LASK gewesen wäre.

Vielmehr war es in den vergangenen Tagen so, dass die gesundheitlichen Aspekte in den Hintergrund der Wirtschaftlichen gerückt sind. Wenn die Lage so drastisch ist, wie es Markus Kraetschmar und Zoran Barisic dargelegt haben, kann man dieses Motiv auch nachvollziehen. Zieht man nun in der Argumentation diese Gesundheitskarte, leidet aber auch die eigene Glaubwürdigkeit darunter.

Ähnlich gelagert ist das Argument der Wettbewerbsverzerrung. Diese hat zugegeben mehr Substanz, da Trainingsmöglichkeiten natürlich einen Einfluss auf das Leistungsvermögen haben. Wer mehr Ressourcen hat (mehr Betreuer, bessere medizinische Ausstattung, größere Kader), der hat auch mehr Möglichkeiten. Dass der LASK sich eine wertvolle Ressource (nämlich Zeit) erschlichen hat, muss in der Beurteilung auch eine Rolle spielen. Wie groß diese Ressource ist, ist schwer zu messen. Niemand, außer den LASK-Verantwortlichen selbst weiß genau wie viele Einheiten der LASK mehr in den Beinen hat, als die anderen Teams (ich gehe jetzt einmal davon aus, dass diese die Regeln nicht auch missachtet haben). Auch ist mir keine Formel bekannt, wie dieser Vorteil errechnet werden kann.

Ich habe schon den Verdacht, dass das Hauptmotiv für dieses Argument darin liegt, dass man sich selbst einen Vorteil im sportlichen Maßstab (=Tabelle) erhofft. Diese Vermutung wird auch dadurch genährt, dass sämtliche Leute (zugegeben handelt es sich um Fans und nicht um Funktionäre) anderer Vereine, mit denen ich seit gestern gesprochen habe, jenen Punkteabzug für den LASK für gerechtfertigt halten, der den LASK hinter dem eigenen Verein einreiht. Ein Schelm, wer dabei böses denkt … Aber wie schon vorher erwähnt, wird die Entscheidung glücklicherweise von anderen, unabhängigen Personen getroffen.

Schuld an der Misere ist allein der LASK

Abschließend möchte ich noch festhalten, dass die meiner Meinung nach fehlende Plausibilität der Argumente der von der Konkurrenz vorgebrachten Argumente nicht dazu führt, dass Verhalten des LASK zu rechtfertigen. Schuld an dieser Misere trägt einzig und allein der LASK.

Mittlerweile ist es Nachmittag und ich habe den Heimweg mit dem Zug und meiner LASK-Maske den Heimweg überstanden und meine Gefühle und Gedanken sortiert. Es geht mir etwas besser. Worüber ich mir in den letzten Stunden unsicher war, ist nun wieder der Gewissheit gewichen: Eine jahrzehntelange Leidenschaft, gibt man auch nicht von heute auf morgen auf, auch in Zeiten einer so tiefgehenden Enttäuschung nicht.  Ich wünsche mir, dass ich mich bald wieder mit Stolz und nicht voller Scham und Wut zu meinem Verein bekennen kann. Dafür muss aber einiges passieren:

Ich erwarte mir, dass der LASK sich nicht vor seiner Verantwortung drückt und seinen Fehler eingesteht. Selbst wenn man eine andere Rechtsmeinung hat, hätte es der Anstand geboten, sich an gemeinsam vereinbarte Regeln zu halten. Damit hat man dem Ansehen des Fußballs zweifellos geschadet und reiht sich in die unrühmliche Sammlung von mehr als entbehrlichen Verhaltensweisen in der Fußballwelt ein. Wer Vorbild sein will, muss anders agieren und anders reagieren!

Abgesehen davon hoffe ich, dass bald wieder der Sport im Mittelpunkt des Interesses steht!

Udo Hebesberger

 

 

Christian Zeintl
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