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25. September 2011
Männer in schwarz – selten farblos

Je moderner unsere Welt wird, desto moderner wird auch der Fußball. Im immerwährenden Streben nach dem perfekten Fußballsport sind manche Beteiligte von vornherein Benachteiligte, unter anderem die Schiedsrichter.

Tempo und Athletik haben in den letzten 10 Jahren deutlich zugenommen, das menschliche Auge lässt sich aber nicht durch Muskeln (auf-)trainieren, ergo muss man mit Fehlentscheidungen leben, die (so sagt die Fußballerweisheit) sich im Laufe der Saison wieder ausgleichen. Soweit so gut haben sich in der letzten Zeit Dinge rund um den LASK oder die Männer in schwarz zugetragen, die ich so aus meiner Warte nicht unkommentiert lassen will.

Eines vorweg: Ich bin selber Schiedsrichter in einem der Landesverbände, habe vor 2 Saisonen die Nachwuchsprüfung abgelegt, pfeife also quer durch den Nachwuchs bis zu den Reserven der Landesliga, also man kommt schon herum und hat auch halbjährlich Schulungen, die oftmals von (ehemaligen) Bundesliga- oder HfM-Liga Schiedsrichtern gehalten werden. Leuten also, die man in Live-Übertragungen jede Woche sieht, jedoch gerne übersieht, bis es dann zu einer Fehlentscheidung kommt. Ein wenig Einblick sei mir also zugestanden.

Aus LASK-Sicht durfte man sich bis zur letzten Woche eigentlich 11 Runden lang wenig beschweren, was Fehlpfiffe in der Meisterschaft anbelangt. Klar gab es in der 1. Runde bereits das nicht gegebene Aufhauser-Tor, wo wir mit einem 2:0 im Rücken sicher das Spiel in Lustenau gewonnen hätten. Es gab auch ein arges Abseitstor im Spiel gegen den WAC, wo der Stürmer schöne 2 Meter frei sichtbar für den Kollegen näher als jeder Verteidiger zum Tor stand. 2 Krasse Fehlentscheidungen in 11 Runden, die absolut zu verkraften waren, schließlich lag genug Zeit dazwischen und die Zeit arbeitet oft für die Schieris.

Dem gegenüber standen zB versteckte Tätlichkeiten eines Hannes Aigner im Heimspiel gegen Altach oder auch beim Derby, die locker mit einer nachträglichen Sperre enden hätten können, jedoch nichts passierte.

Vor einer guten Woche im Derby wurde dann unser Kreativkopf Luiz Henrique von einem Kollegen aus Vorarlberg ausgeschlossen, wo man sich bei beiden gelben Karten auf den Kopf griff. Nicht unbedingt so spielentscheidend, da er gut 15 Minuten auch einen Blau-Weißen auch ein wenig strittig ausgeschlossen hatte – für das Altachspiel aber sehr wohl entscheidend, ging es doch hier um eine Art verfrühtes Endspiel um den Anschluss an die Tabellenspitze.

Vorgestern dann in Altach: Der LASK mit einer Defensivvariante am Platz, die rein auf Konter ausgerichtet war und darauf abzielte, vor allem die Null hinten zu halten. In Minute 14 eine der bisher kuriosesten Entscheidungen: Eine Flanke von links, Tomi und Schellander gehen zum Ball, der Steirer berührt den Spanier wohl, aber der 1.80m große und sicher 80 Kilogramm schwere Stürmer setzt zu einem Hechtsprung an, bei dem sich manch anderer wohl verletzt hätte. Konsequenz daraus: Der Internationale aus Wien gibt Elfmeter (zur Führung) und die gelbe Karte für Schellander – eine Gemeinheit. Mit dieser Konsequenz hätte es ein wenig später auch Elfmeter für den LASK geben müssen, als Eder mit vollem Körpereinsatz Unverdorben davon abhält, an ihm vorbeizukommen.

In Minute 42 begeht Hannes Aigner ein Foul, das auch prompt mit einer gelben Karte bestraft wird. Der Schiedsrichter, der 3 Meter daneben steht, gibt sie allerdings nicht dem Tiroler (für den es die Sperre gegen die Vienna bedeutet hätte), sondern dem Lochener Harald Unverdorben.
Soweit wäre das nicht so schlimm gewesen, hätte Unverdorben nicht gleich zu Beginn der 2. Halbzeit die Undiszipliniertheit besessen, nach einer abgepfiffenen Aktion den Ball wegzuschießen.

Logische Folge war gelb-rot und ein in Summe nicht gerechtfertigter Ausschluss, wo eine sinnvolle Klubführung normalerweise beim Bundesliga-Strafsenat Protest einlegen würde. Für den LASK war es der Anfang vom Ende und man verlor (dennoch verdient) die Partie in Vorarlberg, der einen möglichen Aufstieg nun in gewaltige Ferne rückt.

Was mich an dieser Sache mit den Fehlentscheidungen am meisten stört, ist nicht die Tatsache, dass sie passieren. Auch jeder kleine Schieri (so auch ich) hat schon genügend schlechte und falsche Entscheidungen nach dem Spiel getroffen. Das Hauptproblem ist die Art und Weise, wie diese Entscheidungen aufgearbeitet werden. In den seltensten Fällen gibt ein Schiedsrichter nach dem Spiel ein Interview, noch seltener gibt er dann bei der Ansicht von Fernsehbilder Fehler zu, die ihn der Öffentlichkeit wieder sympathischer machen würden, denn Fehler sind menschlich, gar keine Frage.

Der ÖFB als eine Art Glucke und Oberverband der Schiedsrichter stellt sich quasi immer als Beschützer vor seine Schiedsrichter, im Normalfall nichts Schlechtes, doch strittige Spiele verlangen gerade in unserem Medienzeitalter nach Aufklärung, wie es beispielsweise in Deutschland gerne praktiziert wird. Dort ist es keine Seltenheit, dass ein Schiedsrichter ins Sportstudio eingeladen wird und dort seine Spiele analysiert.

In Österreich ob dieser verflochtenen Beziehungen zwischen ORF und ÖFB undenkbar, dass sich so etwas etablieren ließe. Es kann doch nicht sein, dass man als Schiedsrichter in den untersten Klassen Woche für Woche Beschimpfungen und Drohungen ausgesetzt ist, wenn im Gegenzug das andere Ende der Hierarchieleiter mit Glaceehandschuhen angefasst wird mit dem Motto: „Seids froh, dass es uns gibt“. Dafür ist auch die Verantwortung der Schiedsrichter im Volkssport Nummer 1 zu groß.

Führungsschwäche, mediale Feigheit und das Problem der Verhaberung stellt vor allem eine Organisation vor große Schwierigkeiten, die sich immer als neutrale Instanz sieht. Mehr davon aber vielleicht einmal in einer anderen Ausgabe meines Schieriecks…

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