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3. March 2016
Von Tiroler Milchkühen und wackeren Revolutionen
Wer erinnert sich in Linz nicht an die Saison 1996/97? Der LASK und Stahl Linz wurden trotz zahlreicher Fanproteste am Ende der Saison zwangsfusioniert. Aber auch in Tirol war zu dieser Zeit auch nicht alles Eitel Wonne, was die Vereinsidentität angeht. In einem schleichenden Prozess wurde dem FC Wacker Innsbruck, der noch in der Saison 1992/93 also solcher in der Bundesliga auftrat, die Identität geraubt. Die Innsbrucker landeten in dieser Saison mit dem 4. Platz immerhin auf dem einem UEFA-Cupplatz, das war es aber auch mit den positiven Nachrichten.

 
Tirol auf Irrwegen
 
Der Verein hieß offiziell FC Tirol Milch Innsbruck, spielte am Tirol Milch Stadion am Tivoli, mit lebensgroßen Lattella-Packungen an Spieltagen. Aber wer spielte denn eigentlich für Schwarz-Grün? Niemand, denn die Heimdressen waren rot-weiß, die Auswärtsdressen grün-weiß und mit den bunten Sponsorlogos auf Hemd, Hose und Stutzen schauten die Spieler eher aus wie Clowns, der Spitzname „Milchbubis“ war da nur mehr die Draufgabe.
 
Kurzum es reichte der organisierten Fanszene, die sich erstmals zu einer Kampagne „Innsbruck in Schwarz-grün“ zusammenschloss und auch in mehreren Spruchbändern und Choreografiern auf den Verlust der Identität aufmerksam machte. Nach jahrelangem Lobbying bei Vereinsangestellten und milchigen Sponsoren, wurde noch in der FC Tirol Ära das Mindestziel erreicht: die Innsbruck spielten immerhin bei Heimspielen in schwarz-grünen Dressen.
 
Wir sind Wacker Innsbruck
 
Nach drei Meistertiteln und der darauf folgenden 65 Millionen Euro-Pleite des FC Tirol, handelte die organisierte Fanszene, allen voran die 1999 gegründete Faninitiative Innsbruck schnell und ließ den Namen FC Wacker Innsbruck schützen und gründete den Wacker als Verein neu. Dies war möglich, weil der alte Wacker, nachdem er Ende der 90er Jahre bis in die unterste Spielklasse abgestürzt war aufgelöst wurde. Nur kurze Zeit später gründete sich die Spielgemeinschaft Werksportgemeinschaft Swarovski Wattens / FC Wacker Tirol, die den Spielbetrieb in den der Regionalliga West aufnahm.
 
Das Ziel des Fanvereins FC Wacker Innsbruck war klar: „Wacker muss wieder Innsbruck werden“, denn es kann ja schließlich nur einen Verein geben, dessen Name Wacker ist, dessen Verein in Innsbruck zu Hause ist und dessen Vereinsfarben schwarz-grün sind. Ein FC Wacker Tirol war eine schwer verdaubare Symbiose aus dem traditionsreichen Wacker der 70er Jahre und dem Pleite-FC Tirol der 90er und frühen 2000er Jahre. Der Unname  der Spielgemeinschaft und das neu präsentierte Wappen des Vereins war den Fans ein großes Dorn im Auge und so präsentierte man u.a. ein Spruchband „Dieses Wappen nur für Lappen“. Der konsensorientierte wackere Obmann Gerhard Stocker nahm daraufhin die Gespräche mit den Fans auf und man versuchte gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.
 
FC Wacker Innsbruck und sonst nix!
 
Dies gelang vorerst nicht, woraufhin die organisierten Fans mit der Brechstange den Wacker Innsbruck in einer außerordentlichen Generalversammlung erzwingen wollten. Dafür konnten kurzfristig über 100 Mitglieder gewonnen werden, die bei der entscheidenden Abstimmung wohl auch die ¾ Mehrheit gewesen wären. Aber es kam anders: ein Vorstandsmitglied drohte mit der sofortigen Auflösung des Vereins bei Umbenennung. Der Bluff ging auf und der Antrag wurde zurückgezogen. Die Fanszene trat in einen langen Streik, doch Obmann Gerhard Stocker versuchte abermals zwischen den Parteien zu schlichten. In einer aufwendigen Markenanalyse und einem dreijährigen Zusammenführungsprozess zwischen den Vorstandsmitgliedern von FC Wacker Innsbruck und dem nunmehrigen FC Wacker Tirol, wurde die Fusion beider Verein amtlich. Ab der Saison 2007/08 war der FC Wacker Innsbruck nach 15 Jahren wieder zurück auf der Fußballbühne.
Die Rechte für die Wortbildmarke sind weiterhin bei den Fans, in einem Vertrag zwischen Faninitiative Innsbruck und Wacker Innsbruck wurden umfangreiche Rechte und Pflichten verschriftlicht, wie die Möglichkeit der Benennung von zwei Vorstandsmitgliedern aus der Fanszene, Mitspracherecht bei Dressengestaltung und Preispolitik auf der Nordtribüne.
 
Wacker Alltag
 
Wieso der FC Wacker Innsbruck fan- und mitgliedermäßig dennoch nicht explodiert wie von den eingefleischten Schwarz-Grünen prophezeit ist eine schwierige Frage. Doch eines darf nicht vergessen werden: in den drei Jahren des sportlichen Misserfolgs ist der Stamm des Publikums weiter treu geblieben, die Fans sind weiteraktiv im Vereinsgeschehen eingebunden, egal ob bei der Betreuung der offiziellen Webseite, am Spieltag, im Wackerladen oder als Fanpolitiker bei Vereinsabenden und Generalversammlungen. Wichtig scheint eine Partnerschaft und blindes Vertrauen zwischen den handelnden Personen aus Vorstand, der Geschäftsstelle und den Mitgliedern bzw. organisierte Fanszene. Dies erreicht man lediglich, wenn es nicht ständige Personalrochaden gibt. Hier scheint nun wieder etwas Ruhe in die wackere Führung eingekehrt zu sein. Andererseits dürsten die Tiroler Fußballfans wieder nach dem sportlichen Erfolg, auch hier stehen die Zeichen auf Sturm, ein FC Wacker Innsbruck gehört einfach zu den Top 5 Vereinen in Österreich und unbedingt wieder in die Bundesliga. Ebenso wie der LASK, aber das schafft ihr auch nächstes Jahr, wenn wir uns oben wieder sehen!
 
Thomas Gaßler, Ex-VK, Ex-Fanini, Ex-FC Wacker Innsbruck Obmannstv., Ex-Wacker-Spieler, Ex-Vorsänger, Ex-Geschäftsstellenmitarbeiter und jetzt Ex-pro supporters 😉 
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